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An Christiane Vulpius

d. 29. May 93.

Ich bin nun wieder, meine beste, im Lager angelangt und es sieht ein gut Theil besser aus als vor dem Jahre. Man muß nur alles gute und bequeme was man zu Hauße verließ eine Zeitlang aus dem Sinne schlagen so kann es wohl angehen. Abwechslung giebt es genug und viel zu sehen und zu hören. Der Herzog ist recht wohl. Die Armee steht um eine große Stadt, über ein Paar Flüsse weg und man [60] schießt Tag und Nacht. Ich wollte du wärst bey mir, so möchte das andre hingehn. Ich war in ein Dorf recht schön einquartiert da haben mich die Wanzen wie gewöhnlich heraus gejagt. Nun schlafe ich wieder im Zelte, angezogen, in einer Stroh Bucht und habe eine Decke die uns hoffe ich, bald wieder zusammen zudecken soll. Ich dencke viel an dich, küsse dich und den Kleinen in Gedancken.

Du wirst nun das zweyte Packet erhalten und dich gefreut haben. In Franckfurt steht noch das Bügeleisen, die Schue und Pantoffeln waren noch nicht fertig. Bald gehe ich wieder hinein und packe dir wieder ein Kästchen.


d. 31ten.

Heute Nacht sind wir unsanft geweckt worden. Die Franzosen attakirten das Hauptquartier, ein Dorf ohngefähr eine halbe Stunde von uns. Das Feuer war sehr lebhaft sie wurden endlich zurückgetrieben.

Deiner Bitte eingedenck bin ich erst da es Tag war und alles vorbey hinunter geritten. Da lagen die armen Verwundeten und Todten und die Sonne ging hinter Maynz sehr prächtig auf.

Behalte mich lieb, ich werde mich um deinetwillen schonen denn du bist mein liebstes auf der Welt. Küsse den Kleinen. Ich hoffe wir sehen uns bald wieder. Ich schreibe dir von Zeit zu Zeit.

G. [61]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1793. An Christiane Vulpius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8E00-2