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An Christian Gottfried Hermann

Dieser Brief mag Sie überzeugen, lieber Assessor, daß Ihr Andenken noch in eben der Empfindung bei mir ist, als zur Zeit, da ich nach ein Paar Tage Raschwitzer Abwesenheit wieder in Ihr Zimmer trat und Ihnen einen guten tag bot.

So biet ich Ihnen nun einen guten tag, und trage die Angelegenheit vor, die mir am Herzen liegt.

Der Verleger der hiesigen Zeitung, gelehrten, versteht sich, kriegt über eine Götzische Recension nicht sowohl mit Götzen, als mit dem hiesigen Rath Händel, [88] er ward in 20 Thaler Strafe verdammt, und verlangte transmissionem in vim revisionis. Vielleicht kennen Sie die Sache schon aus den gedruckten Ackten, die in Leipzig bekannt sein müssen. Nun erfährt er, daß die Sache an die Leipziger Facultät gelangt ist, und daß sie willens sey, die Strafe zu vergrößern. Er bat mich flehentlich, ob ich niemanden kennte, der Einfluß hätte; ich kenne niemanden als Sie. Und nun ist die Frage, ob Sie in einer solchen Connexion mit den Facultisten stehn, daß Sie können, und ob Sie ferner so viel allgemeine Menschenliebe haben, daß Sie mögen. Sie sehen, die Entscheidung liegt in mero arbitrio, und also in der Art, wie sie sich dem Richter vorstellt. Es ist hier die Frage von keinem Recht. Wie Sie gar leicht sehen könnten, wenn Sie die Ackten ohnschwer lesen wollten. Also mein lieber, ein gut Wort, einem armen Teufel hundert Thaler zu schonen. Oder wenn Sie Sich nicht verwenden können, wissen Sie vielleicht einen Weg, und seyn Sie so gut uns den zu zeigen.

In wenigen Wochen kriegen Sie ein Stück Arbeit von mir, das wo Gott will Sie erfreuen soll. Dem lieben Oeser tausend Empfehlungen. Ich hoffe ein Freund von mir Merck aus Darmstadt hat ihn gesprochen; fragen Sie ihn doch darum. Und lieben Sie mich und schreiben Sie bald. Geschrieben Franckfurt am 15. May 1773.

Goethe. [89]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1773. An Christian Gottfried Hermann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8E0F-4