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An Johanna Fahlmer

Liebe Tante, ich höre nichts von Ihnen, wie Sie nichts von uns, doch Sie müssen bey der Frau Ana manches vernehmen, und ich dächte, Sie schrieben mir manchmal aus Ihrem Herzen, dass ich nicht so ganz fremd würde mit euch. Ich richte mich hier in's Leben, und das Leben in mich. Ich wollt ich könnt Ihnen so vom innersten schreiben das geht aber nicht, es laufen so viel Fäden durch einander, so viel Zweige aus dem Stamme die sich kreuzen, dass ohne Diarium, das ich doch nicht geschrieben habe, nichts anschaulich's zu sagen ist. Herder hat den Ruf als Generalsuperintendent angenommen.

Ich werd auch wohl dableiben und meine Rolle so gut spielen als ich kann und so lang als mir's und dem Schicksal beliebt. Wär's auch nur auf ein paar Jahre, ist doch immer besser als das untätige [28] Leben zu Hause wo ich mit der grössten Lust nichts thun kann. Hier hab ich doch ein paar Herzogthümer vor mir. Jezt bin ich dran das Land nur kennen zu lernen, das macht mir schon viel spaas. Und der Herzog kriegt auch dadurch Liebe zur Arbeit, und weil ich ihn ganz kenne bin ich über viel Sachen ganz und gar ruhig. Mit Wieland führ ich ein liebes häusliches Leben, esse Mittags und Abends mit ihm wenn ich nicht bey Hofe bin. Die Mägdlein sind hier gar hübsch und artig, ich bin gut mit allen. Eine herrliche Seele ist die Frau von Stein, an die ich so was man sagen mögte geheftet und genistelt bin. Louise und ich leben nur in Blicken und Sylben zusammen. sie ist und bleibt ein Engel. Mit der Herzoginn Mutter hab ich sehr gute Zeiten, trieben auch wohl allerley Schwänck und Schabernack. Sie sollten nicht glauben wie viel gute Jungens und gute Köpfe beysammen sind, wir halten zusammen, sind herrlich un[ter] uns und dramatisiren einander, und halten den Hof und vom Leibe. Schicken Sie mir doch bald möglichst von den grosen Dames Federn, Sie wissen ia solche Hahnenkämme 2 Rosenrothe. 3 Weise so schön Sie sie haben können, und den Preis. Sie sollen das Geld gleich haben. Friz u. alle meine Freunde klagen über mich! [Weimar] d. 14. Feb. 76.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1776. An Johanna Fahlmer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8E43-E