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An Christian Gottlob Voigt

Ew. Excellenz

freundliche Sendungen und ununterbrochne Theilnahme erwidere mit dem aufrichtigsten Dank. Meine Körperlichkeiten, die mich keine großen Sprünge machen lassen, erlauben mir wenigstens innerhalb meiner Clausur auf dem Blumen- und Pflanzenberge in meiner Art schriftlich und drucklich thätig zu seyn, wovon vielleicht nächstens einiges mit Vergünstigung mitzutheilen wäre.

Der hierbey zurückkommende Vorschlag zur Jubiläums-Medaille hat auch meinen vollkommensten Beyfall. Diesen großen Vortheil hat der bildende Künstler daß er so viel auf einmal zur Anschauung bringen [175] kann; geistreich seyn kann, durch Zeichen und Symbole, wie es mit Worten nicht möglich wäre. Inständig aber wollt ich bitten: niemand weiter zu fragen, am wenigsten die Akademiker. Es ist ein Glück daß die Fächer getrennt sind, so daß es niemals zum Vorscheine kommen kann, wie absurd es mit dem Ganzen aussieht. Sollte man diese meine Ansicht für hypochondrisch oder ungerecht halten, so spricht für dieselbe: daß kaum je zwei, höchst selten sie sich zu drei vertragen. Woraus herauszugehen scheint daß doch im Grunde dieses Zusammenseyns ein innerer Widerspruch obwalten muß.

Zur Johanniskirche will ich mich begeben. Besser wär alles zusammen stehen geblieben, wie vor Alters. Erst sollte das Capellchen abgetragen, dann zur Mutter Gottes der Siegerinn erhoben werden. Da auch das mißglückte, so wird auch kein Stein auf dem andern bleiben. Schon bey der ersten Zerstörungsbewegung war ich dort. Die gemalten Gedächtnißtafeln standen in der großen Gottesackerkirche im Wege. Sie waren alle von der Art daß man sie nicht freventlich, ohne Veranlassung zerstört, aber sich doch auch zu ihrer Erhaltung keine große Mühe gegeben hatte. Bey solchen Dingen, die von ihrem alten Platz genommen werden, ist es so schwer einen neuen zu finden weil sie nirgends hinpassen. In diesem Sinn ist mir der Vorschlag des Consistoriums: die alten kirchlichen Bilder zusammen zu bringen, etwas übereilt[176] Ich trug auch in unterthänigem Berichte darauf an erst an einen Platz zu denken.

Ich lege einen Inschrifts-Vorschlag bey, doch ohnvorgreiflich. Auf die Zukunft hinzudeuten ist vielleicht, in gegenwärtigem Augenblicke, den Umständen ganz gemäß, da in so vielen protestantischen Gemüthern die katholische Legende spukt.

Mich herzlichst empfehlend

Jena den 8. July 1817.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1817. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8E8C-C