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An Charlotte von Stein

Endlich meine liebe ist das Kindlein angekommen, ein Mägdlein und der Prophet gleich hinter drein. Die Götter wissen besser was uns gut ist, als wir es wissen, drum haben sie mich gezwungen ihn zu sehen. Davon sollst du viel hören. Er hat bey mir gewohnt. Kein herzlich, vertraulich Wort ist unter uns gewechselt worden und ich bin Haß und Liebe auf ewig los. Er hat sich in den wenigen Stunden mit seinen Vollkommenheiten und Eigenheiten so vor mir gezeigt, und meine Seele war wie ein Glas rein Wasser. Ich habe auch unter seine Existenz einen grosen Strich gemacht und weis nun was mir per Saldo von ihm übrig bleibt.

Montag denck ich von hier, Dienstag von Jena zu gehn; wenn es der Wille der Himmlischen ist, die seit einiger Zeit gewaltsam liebreich über mich gebieten, und so wäre ich Donnerstag Abends bey dir. Wie lang wirst du mir bleiben?

Stein wird Morgen erwartet. Die Herzoginn ist wohl. Adieu meine beste. Grüse deinen Bruder danck ihm für seine Sorgfalt für mich. Ich habe seiner Frau gerathen ihm gerade zu die Confidenz von einer Thor heit zu machen die sie begangen hat, er soll es artig aufnehmen sag ihm. NB. Der Prophet hatte sehr auf dich gerechnet es hat ihn geschmerzt daß du [250] seinen Netzen entgangen bist, es ist mir lieb und leid daß du ihn nicht gesehen hast. Liebe mich! mein Herz ist dein!

d. 21. Jul. 86.

G.


Ich mache den Brief wieder auf da ich deine lieben Zeiten vom 16ten erhalte. Wir erwarten Steinen in einigen Tagen und könnte wohl wegen Ernstens Tansportirung Resolution gefasst werden. Nur stimmt leider Starcke selbst ietzt nicht mit ein, oder wenigstens verspricht er nicht viel davon. Der andre Fus ist nicht aufgemacht worden, aber es ist und bleibt ein trauriger Zustand. Wenn Stein kommt wird sich's zeigen, ich bin nun selbst irre und unentschlossen, so sehr ich vor sechs Wochen entschlossen und gewiß war.

Lebe wohl. Heute ist das Kind getauft worden. Herder hat schön gesprochen. Die Herzoginn ist wohl.

Grüse Franckenbergs und Zigesar.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1786. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8EE6-D