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An Christian Gottlob Voigt

Mit Dank kommen die mitgetheilten Politika zurück, was kann noch aus allen diesen werden? ich[189] fürchte nur die schlimmsten Nachrichten von Frankfurt zu hören.

Das Schützische Ansuchen zu Gunsten des Professors Eichstädt scheint mir nicht genug motivirt. Anwartschaften der Art möchten nur in Nothfällen zu billigen seyn. In einem solchen befinden sich gegenwärtig weder die Nutritoren noch die Expedition der Litteraturzeitung, die Lücke welche daselbst durch; Schreyvogel Abgang entsteht, ist von der Art daß sie durch mindere Subjecte ausgefüllt werden kann, und Schütz ist, bezüglich auf die Akademie, in seinem Fache noch immer thätig genug; sollten wir ihn, was ich nicht wünsche, bald verlieren, so steht die Sache auf dem einfachen Dilemma will man einen entschieden berühmten Mann mit größeren Kosten, herbeyziehn oder nicht? im letzten Falle finden wir immer, in der zweyten Generation, der der jetzigen Lage der Litteratur, an Schützens Platz, und mit seiner Besoldung gewiß noch ein gutes Subject. Das sind meine Gründe gegen die Antworschaft. Wollte man aber zu Gunsten eines so ansehnlichen Institutes wie die Litteraturzeitung, einem so geschickten Manne wie Eichstädt, die extraordinäre Professur geben und sich, aus diesen Rücksichten, über die bekannten Einwendungen der Fakultäten hinaussetzen; so wüßte ich nicht eben etwas dabey zu erinnern.

Unsere Speculationen, ein Theater hier zu errichten, gehen noch immer sachte fort, ob wir gleich für den [190] Augenblick eine solche Einrichtung zu machen nicht möglich finden. Sie hätten ja wohl die Güte mir die Kammeracten, die Vererbung des Ballhauses betreffend, zu überschicken. Da wir unsere Anstalt mit einem so schwankenden Gebäude consolidiren müssen, so ist denn doch eben sowohl aus einige civile wie auf einige architektonische Solidität zu sehen.

Sollte ich Dienstags mich bey der Bergwerkssession nicht einfinden können, so übersende die Papiere und mein geringes Votum noch zur rechten Zeit. Die völlige Abgesondertheit in der ich hier lebe, setzt mich in sehr gute Stimmungen und macht mir die Ausführung von gewissen Arbeiten möglich, die mir sonst sehr entfernt, ja unmöglich schienen, und da übrigens die Welt völlig ohne mich ihren wilden und ruhigen Gang geht und gehen kann, so erfreue ich mich um desto mehr meines abgeschiedenen Zustandes. Leben Sie recht wohl und erhalten mir ein freundschaftliches Andenken.

Jena den 9. Sept. 96.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1796. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8EE8-9