7/2198.

An Philipp Christoph Kayser

Ich habe Ihnen mit der letzten Post über Ihr Werck und meine Absichten nur eilig geschrieben, damit Sie einsweilen weiter drüber nachdencken mögten.

Ietzo kann ich Ihnen etwas mehr sagen. Ihren zweyten Ackt hab ich nunmehr mit drey Stimmen am Claviere, wiewohl noch sehr unvollkommen gehört, und habe sehr groses Vergnügen daran gehabt. Sie verfolgen Ihren Weeg wie Sie ihn angetreten haben und sind auf die schönste Weise im Steigen, lassen Sie es bis zu Ende so fort gehn. Was mich bey der Aufführung sonderlich gefreut hat, war der Beyfall einiger Kenner, die ihr beywohnten und die über die Massen mit der Arbeit zufrieden waren.

[128] Es ist auch die Sache des Rezitativs entschieden worden. Die Sänger hatten sich bisher beschweert, daß solche ungewöhnliche und nicht leicht zu treffende Ausweichungen darinne vorkämen. Es ward aber ausgemacht, daß da man deutlich sehe, der Componiste habe nicht aus Eigensinn oder Grille, sondern absichtlich, um der natürlichen Deklamation näher zu kommen, dergleichen Übergänge beliebt; so hätten sie sich alle mögliche Mühe zu geben diese Schwürigkeiten zu überwinden und den Ausdruck recht angelegen seyn zu lassen. Bey welchem Bescheid es verblieben.

Die Arie Gern im stillen pp ist allerliebst und gefällt gewiss allgemein – Genug wir sind durchaus zufrieden und erfreut

Nur frisch gewagt

Nur unverzagt

Es ist fürtrefflich gut gegangen.

Da es phisisch unmöglich ist daß nach dem Tanze, die Arie Gern im stillen p da capo wiederhohlt werden könne, so werden Sie die Güte haben, nur ganz kurz den Geist der Arie auszuziehen und die vier Zeiten nur einmal wiederholen zu lassen, da denn der Docktor einfallen kann: Nun nun bey diesem sanften Paroxysmus pp.

Das Stück Arbeit das Sie zurückgelegt haben ist gros, aber es beweist daß Sie mit dem übrigen auch zu Stande kommen werden. Es wird nun ausgeschrieben und durchprobirt, versucht und beurteilt [129] werden. Die Musici höre ich, sprechen auch hinter meinem Rücken guts davon.

Könnten wir nur wenn es fertig ist, persönlich drüber konferiren!

Ich warte mit Verlangen auf Antwort von Wien.

Leben Sie wohl. Schreiben Sie mir bald, und schicken wieder ein Stück sobald Sie können.

Wie freue ich mich wenn Sie den Re Teodor erhalten. Adieu.

Weimar d. 28. Nov. 85.

G.


Übrigens sind Sie mit keinem Termine genirt arbeiten Sie mit Muse, ich dencke indes an etwas neues.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1785. An Philipp Christoph Kayser. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8F0C-4