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An Ernst Theodor Langer

Als ich meinen Götz herausgab, war das eine meiner angenehmsten Hoffnungen, meine Freunde, deren ich doch manchen in der weiten Welt habe, [114] würden sich nach mir umsehen, und angenehmer sich mein erinnern, als wenn ich eine lange unbedeutende Verbindung mit ihnen unterhalten hätte.

Und es ist eingetroffen. Ihr Brief, lieber Langer, hat mir eine außerordentliche Freude gemacht. Ich habe Sie nicht vergessen, und die Geschichte Ihres Lebens war mir unerwartet und höchst interessant. Mein Wandern hat keine große Tagreisen gemacht. Ich bin fast immer auf diesem Fleck geblieben. Meine Gesundheit nahm, seitdem Sie mich verließen, immer zu, aber weil sie mir doch nicht erlauben wollte, im bürgerlichen Leben meine Rolle zu spielen, wie ich wohl wünschte, so habe ich dem Trieb der Wissenschafften und Künste gefolgt, und nicht ehe geruht, biss ich glaubte, mich darstellen zu dürfen. Ich habe sogleich an die Herzen des Volks angefragt, ohne erst am Stapel der Kritik anzufahren. Doch gesteh ich gern den Beyfall der mir worden ist, überstieg meine Hoffnungen. Auch soll so lang Krafft in mir ist, sie nicht lässig werden, um mehr zu leisten.

In die bürgerlichen Geschäffte misch ich mich nach und nach und auch da giebt mir der Genius gute Stunden.

Horn ist Gerichts Schreiber Adjunkt worden. Das trägt ihm jetzt 300 fl. wenn der Alte stirbt, hat er 1000 fl. und freye Wohnung. Er grüßt Sie vielmal.

Mellin ist vor wenigen Wochen nach Sachsen, in Kondition als Hofmeister, bei einem Herrn v. Zedtwitz [115] denk ich, in der Gegend von Grosen Hayn. Er war hier lange außer Kondition, vertrauerte und verlappte sich, und ist sehr gut, daß er wieder in's Leben kommen ist.

Empfelen Sie mich Hrn. Graf Marschall. Und behalten Sie mich lieb.

Wenn Sie nach Hannover kommen, besuchen Sie doch ja einen gewissen Archiv Sekretar Kestner, Sie werden an ihm und seiner Frau warme Freunde meiner finden. Ich sag Ihnen nichts weiter von dem Werth dieses Paars und von unsren Relationen.

Sollten Sie an Beyrisch schreiben, oder sonst ihn grüsen lassen, viel Grüse auch von mir.

Franckfurt am 27. Oktober 1773.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1773. An Ernst Theodor Langer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8F20-3