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An Friedrich Schiller

Bey dem heutigen Regenwetter mag es auf Ihrer Burg sehr einsam aussehen, doch ist eine weite Aussicht, wo Erde und Himmel so vielerley Ansichten geben, mehr werth als man glaubt, wenn man sie täglich genießt. Ich wünsche bey dieser äußern Einschränkung guten Fortgang der Geschäfte.

Der Handschuh ist ein sehr glücklicher Gegenstand und die Ausführung gut gerathen, wir wollen ja dergleichen Gegenstände die uns auffallen künftig gleich benutzen. Hier ist die ganz reine That, ohne Zweck oder vielmehr im umgekehrten Zweck, was so sonderbar wohlgefallt.

Ich habe diese Tage mancherley angegriffen und nichts gethan. Die Geschichte der Peterskirche habe[162] ich besser und vollständiger schematisirt und sowohl diese Arbeit als der Moses und andere werden schon nach und nach reif werden. Ich muß die jetzige Zeit, die nur ein zerstreutes Interesse bey der Ungewißheit, in der ich schwebe, hervorbringt, so gut als es gehen will, benutzen, bis ich wieder auf eine Einheit hingeführt werde.

Den Chor aus Prometheus finde ich nicht, auch kann ich mich nicht erinnern daß ich ihn von Humboldt wieder erhalten habe, deswegen ich auch glaubte das Gedicht sey schon in Ihren Händen. Auf alle Fälle hat ihn Frau von Humboldt abgeschrieben und er wird also leicht von Dresden zu haben seyn.

Vorgestern habe ich Wieland besucht, der in einem sehr artigen, geräumigen und wohnhaft eingerichteten Hause, in der traurigsten Gegend von der Welt, lebt, der Weg dahin ist noch dazu meistentheils sehr schlimm. Ein Glück ist's daß jedem nur sein eigner Zustand zu behagen braucht, ich wünsche daß dem guten Alten der seinige nie verleiden möge! Das Schlimmste ist wirklich, nach meiner Vorstellung, daß bey Regenwetter und kurzen Tagen an gar keine Communication mit andern Menschen zu denken ist.

Mein Zustand, der zwischen Nähe und Ferne, zwischen einer großen und kleinen Expedition sich hin und wieder wiegt, hat in dem Augenblicke wenig erfreuliches, und ich werde mich noch einige Wochen so [163] hinhalten müssen. Bringe ich den guten Meyer auf Michael wieder zurück, so soll unser Winterleben eine gute Wendung nehmen. Wir haben in den letzten vier Wochen theoretisch und praktisch wirklich wieder schöne Fortschritte gethan, und wenn meine Natur die Wirkung hat die Ihrige in's begrenzte zu ziehen, so habe ich durch Sie den Vortheil daß ich auch wohl manchmal über meine Grenzen hinausgezogen werde, wenigstens daß ich nicht so lange mich auf einem so engen Fleck herumtreibe. Kommt der alte Meister noch dazu, der die Reichthümer einer fremden Kunst mit zum besten giebt, so soll es wohl an guten Wirkungen nicht fehlen. Ich lege den Handschuh wieder bey, der zum Taucher wirklich ein artiges Nach- und Gegenstück macht, und durch sein eignes Verdienst das Verdienst jener Dichtung um so mehr erhöht. Leben Sie recht wohl und lassen Sie bald von sich hören.

Weimar d. 21. Juni 1797.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1797. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8F67-5