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An den Herzog Carl August

Landsmannschafften und andere Verbindungen der Studierenden können vielleicht nicht ganz ausgerottet, sie können aber geschwächt werden.

Aus denen vorliegenden Votis, die sehr verschiedene Gesinnungen enthalten und deren wenige mit einander übereinstimmen, ziehe ich folgendes in's Kurze.

Anhaltende Aufmercksamkeit und fortdaurende Würckung auf denselben Zweck können das Übel mindern, ihm Einhalt thun, dessen Ausbrüchen zuvorkommen.

Wie sollten Männer die ihre Lebenszeit an Einem Orte zubringen, Erfahrung und Gewalt haben, nicht mit jungen Leuten die längstens alle drey Jahre wechseln fertig werden können? Aber Uneinigkeit und Lässigkeit dieser Häupter, läßt das Übel einschleichen und einwurzeln.

Die Besten zu vereinigen, suche man die Form des Concilii arctioris auszudehnen und seine Gewalt zu vermehren.

Zu dem Prorecktor und den vier Dekanis könnte man noch vier Beysitzer aus den vier Fakultäten hinzusetzen. Z.B. vorerst: Griesbach, Reichart, Loder, Eichhorn.

Zum Versuch auf ein Jahr; man würde die Aufsicht auf die Landsmannschafftlichen Verbindungen [195] diesem Collegio zur Hauptpflicht machen und da es sich zugleich mit allem dem beschäfftigte was bisher die Incumbenz des concilli arctioris gewesen, würde solches durch eine natürliche Folge bald die ganze Disciplin umfassen.

Es bestünde aus 9 Personen, eine Anzahl die weder zu stark noch zu schwach ist, man könnte sich mehr darauf verlassen, als auf das bisherige concil. arct., es hätte nicht die Unbequemlichkeit einer perpetuirlichen Commission pp.

Zum Anfange würde keine weitläufige Instrucktion nötig seyn, wenige Hauptpunckte wären festzusetzen.

Wenn obengenannte Männer eine Zeitlang auf Einen Punckt gemeinschafftlich würcken, wird sich die beste Handelsweise von selbst zeigen.

Dieses neue concilium arctius hätte verbunden mit dem Prorecktor


1.

Auf vorsichtige Annahme zu halten.

Arme kann man nicht geradezu abweisen, so wenig als Studenten die von einer andern Akademie ohne Zeugniß, aber zur rechten Zeit anlangen; iedoch Aufsicht soll man aus dergleichen Leute mehr haben als auf andere. Hingegen die zwischen den halben Jahren ankommen, die von einer andern Akademie relegirte, oder durch ein consilium abeundi entfernte können eher zurückgewiesen werden.


[196] 2.

Wäre die Aufsicht auf das Betragen der jungen Leute der Klugheit des Concil. arct. zu überlassen. Fragt sich ob man die Anzahl der Pedellen vermehren, oder den gegenwärtigen etwas zulegen solle? Das Pro und contra liegt in den Votis.


3.

Die Wegschaffung schädlicher Mitglieder auf die glimpflichste Weise, wäre sodann das Hauptgeschäffte des neuen Collegii.

Das gegenwärtige Conc. arct. hat schon das Recht einen unfleißigen, untauglichen Studenten brevi manu wegzuschaffen, weil aber das Gesetz nur gegen solche gerichtet ist, die keine Collegia besuchen, so ist es durch simulirten Fleis der Landsmannschafftlichen Senioren eludirt worden, und es hat ein solches Consil. abeundi bisher nicht stattgefunden.

Man erstrecke die Gewalt auf die Landsmannschafftlichen Verbindungen und damit man für Misbrauch sicher sey, lassen sich verschiedene Bedingungen festsetzen, z.B. daß ein solches cons. abeundi nicht auf einen einzigen Fall gegeben werde, sondern nur solche Studenten treffen könne, deren Lebenswandel schon mehrmal zur Sprache gekommen und die man als schädliche Glieder der Akademie längere Zeit beobachtet.

Die Vota sowohl derer Glieder die bey einer [197] solchen Ertheilung des Cons. abeundi zu als derer die abstimmen, wären zu den Ackten zu geben.

Die Majorität von 5 gegen 3, denn der Prorecktor hat kein Votum, sicherte an sich schon vor dem Misbrauch.

Das Cons. abeundi würde erst nur als Rath, sich binnen einer gewissen Frist wegzuverfügen, ertheilt.

Im Weigerungsfall erst mit dem förmlichen cons. abeundi vorgeschritten.

Überhaupt wäre der Prorecktor mehr an das Conc. arctius zu knüpfen. Er hätte in Zukunft demselben die Untersuchungsackten vorzulegen und nicht blos wie bisher daraus zu referiren.

Um die Untersuchungen förmlicher zu machen, wären die Verhöre im concil. Zimmer anzustellen. Dem neuen akademischen Syndico könnte man bey seiner Annahme zur Pflicht machen, dem Verhöre beyzuwohnen und dem Prorecktor zu assistiren.

Noch manches wird sich bey näherer Prüfung, das sicherste aber durch einen Versuch finden.

Nach diesen Vorschlägen wäre, wenn sie Beyfall fänden, ein Projeckt zu entwerfen und an die mitnährenden Höfe zu communiciren, und zwar sollte es nur das allgemeinste enthalten, damit man in keine Contestationen geriethe und die Sache bald durchginge.

Wäre das Concil. arctius einmal instituirt, so würde man von hier aus mit demselben immer in [198] Connexion bleiben und ohne Aussehn die academische Disciplin dirigiren können.

Die eingesendeten Vota enthalten noch manche gute Vorschläge die theils zugleich mit diesem theils nach und nach in's Werck gesetzt werden könnten.

Nur müßte man sich hüten nicht zu viel thun zu wollen und nicht zu sehr in's kleine zu gehen.

Von der Verlängerung der Prorecktorate schwiege man noch ganz und brächte diese Einrichtung nicht eher zur Sprache, als bis ein Prorecktor im Amte wäre, den man zu behalten wünscht. Gegenwärtig ist es Hennings, auf ihn folgt der Theologe Schmidt, auf diesen ein Juriste, unter diesen könnte sich die neue Form des Conc. arctioris festsetzen, sodann folgen Loder, Eichhorn und Griesbach auseinander und man könnte durch Verlängerung dieser drey Prorecktorate, auf mehrere Jahre hinaus vieles Gute schaffen.

d. 7. Apr. 86.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1786. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8F88-A