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An den Großherzog Carl August

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

glücklicher und vorsichtig ausgeführter Gedanke, den vorüberziehenden poetischen Wundervogel zu fixiren, wird gar manche heilsame Folge veranlassen. Die junge Welt, von der ich täglich Kenntniß nehme, ist immerfort beschäftigt, sich in fremden Sprachen umzuthun, und, da sie fast überall einigen Anfang haben, so muß ich ihnen das Zeugniß geben, daß es ernst ist, im Grammatischen, besonders der Rechtschreibung und sonstig Erforderlichem zuzunehmen. Hiezu ist also die beste Gelegenheit eröffnet und ich zweifle nicht, daß man sie begierig ergreifen werde.

Und so ist denn auch zu hoffen, daß der junge Mann sein Hierseyn benutzen und sein practisches Talent durch eine tiefere Einsicht in die Forderungen der Poesie zu seinen und unsern Ehren steigern werde.

Das Schreiben des erfahrnen Seemanns ist mir von großem werth: man erblickt darin gar hübsch den aufmerksamen Praktiker, um theoretische Ansichten wenig besorgten Mann. Auch er ist wie alle Welt, fast mehr an sittlich-politische Ereignisse geheftet, als auf sein eignes Metier, welches er nur als Symbol der großen Weltverhältnisse behandelt.

[291] Von Erfahrungen genügt mir der Hauptausspruch, daß ein starkes Fallen des Barometers auf dem Meere, wie auf dem Lande, die großen Stürme andeutet. Beyspiele kommen oft genug in Schiffernachrichten vor. Daß es aber hier als allgemein anerkannt ausgesprochen wird hat für mich viel Bedeutung.

Von Mylius aus Mayland erhalte ich, in Gefolg bey seinem Hierseyn gepflogener Unterredungen, eine angenehme, mannichfaltige Sendung von Büchern und Heften, wobey auch Cocons von Seidenwürmern sich befinden, theils in ihrer Integrität, worin sich noch der durch Dampf oder heißes Wasser getödtete Wurm findet und welche dann eigentlich zu gut gemacht und abgesponnen werden; sodann liegen durchfressene Cocons bey, woraus der zur Begattung bestimmte Schmetterling entschlüpft ist. Sie werden zu Floretseide benutzt. Ferner einige Stränge rohe Seide.

Es ist angenehm, diese so höchst bedeutend gewordene Naturerscheinung wieder einmal vor Augen zu sehen; mir jedoch ist sie deswegen besonders erfreulich, weil ich mich an meine Jugendjahre und die desfallsigen Bemühungen im väterlichen Hause erinnere. Weswegen ich denn auch wohl Verzeihung des umständlichen Erwähnens zu erlangen hoffe.

Eh ich Lenzen mit den herrlichen Crystallisationen des Thales Fassa erfreue, gedenke ich sie noch einmal mit unserm Crystallographen aufmerksam durchzusehen.

[292] Gnädigste Erlaubniß zu ferneren Mittheilungen erbittend.

Weimar den 7. Februar 1826.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An den Großherzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8F9B-F