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An den Großherzog Carl August

[Concept.]

[Jena, 6. October 1820.]

Ew. Königlichen Hoheit

vermelde durch die heutigen Boten einiges, welches nicht unangenehm seyn wird. Nun aber in einer gewissen Zahlenreihe.

1. Übersende zuvörderst das Ethnographische Archiv, zehnten Bandes erstes Heft, Minerva den October.

[289] 2. Sodann überreicht Winkler zu Halle ein schönes Exemplar seiner Tafeln, zugleich eine graphische Darstellung der Baro- und Thermometerstände etc., welche in Verwunderung setzen muß.

Höchst interessant ist für uns dabey, wie Posselt unter die schwarze Linie, welche den Barometerstand von Halle andeutet, den Schöndorfer mit rother Farbe untergezeichnet hat; die Übereinstimmung ist auffallend.

Mit den thermometrischen Linien ist ein doppeltes Bezeichnen gleichfalls geschehen, doch diese müssen sich mehr durchschneiden.

Die Chiffresprache, wodurch alle übrige Witterungsveränderungen angedeutet werden sollen, hat freylich der wackere Posselt in einem Blättchen wörtlich zu erklären gesucht, ist mir aber dennoch bis jetzt eine Art Sanskrit geblieben.

3. Dieses Wort läßt mich sogleich an Kosegarten denken. Seine impassiblen, orientalischen Gesichtszüge ließen eine ganz eigene freudige Bewegung sehen, als ich ihn benachrichtigte, sein Gesuch sey, wohl empfohlen, abgegangen.

Die Mühe, welche junge Männer in diesem Fache sich geben, erregt immer auf's neue das Anschauen, wie der Mensch, nach jeder Seite hin, sein Talent in's unendliche, vor- und in's Einzelne dringend, ausbilden kann.

4. Graf Vargas Bedemar dankt auf das allerbeste[290] für die übersendete Medaille; man sieht, daß er sich tief geehrt fühlt.

Von seiner nordischen Reise hat er große Ladungen mitgebracht und verspricht uns reichlichen Theil, so daß das, was er bisher gesendet, davor verschwinden soll. Lenz exultirt über den Plural der Kisten. Ich möchte mich selbst mit dem Manne in ein näheres Verhältniß setzen; denn es ist offenbar, daß hiedurch dem Kabinett Großes zuwachsen kam; ob ich gleich manchmal denke, es sey besser, Lenzen allein gewähren zu lassen, dessen Verfahrungsart gegen die Welt sich doch in so hohem Grade erprobt hat.

Obgleich die erfreuliche, glückliche Jagd, sowohl hohen als niedern, gehörnten und gesiederten Wildes mich höchlich Theil nehmen läßt, wenn sie zu Ew. Hoheit muthiger Leibesbewegung und zu freyer Ausweitung des Geistes die beste Gelegenheit giebt; so muß ich doch gestehen, daß ich meinen langen Abenden und Nächten gar sehr wieder die Erscheinung eines geistig-leuchtenden Gestirns wünschte. Der Mond hat mich dießmal, mit allen seinen Phasen bis zuletzt, gar sehr unterhalten, da er immer noch als der spätere Freund hinter dem Bergrücken hervortritt; Jupitern mit seinen Trabanten begrüß ich nächtlich, mit meinem Fernrohr, die Plejaden glaube ich niemals schöner gesehen zu haben. Ich denke, durch den Cometensucher müßten sie sich ganz unschätzbar zeigen.

[291] So kommt alles auf die Umstände an, die freye Aussicht auf den Morgenhimmel ist zu solchen Nacht-Beschauungen höchst anlockend.

Der neue Generalsuperindent, den ich vorher schon aus seinen Schriften kannte, besuchte mich heute, und ich befreundete mich alsobald mit ihm; an guter Wirkung, die von ihm ausgehen wird, zweifle ich keineswegs; persönlich aber freut mich sehr die Hoffnung, daß ich mit ihm in ein gutes Verhältniß werde treten können. Doch wollen wir das ganz sachte angehen lassen.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An den Großherzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8FA7-4