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An den Grafen Sergej Semenowitschvon Uwarow

Ew. Hochwohlgeboren

Haben mir durch das öffentliche Zeugniß Ihres Wohlwollens, Ihrer Neigung sehr glückliche Augenblicke bereitet. Denn derjenige, der sich angetrieben fühlt etwas zu leisten, findet, indem er lebt und wirkt, überall Widerstand und Hindernisse, so daß er selten des Tages genießt, an welchem er das Gute vollbringt. [40] Auch regt sich ihm immerfort das Bestreben nach dem Besseren, so daß das Gethane selbst ihm nicht hinreichend, ja kaum beachtenswerth erscheinen kann; späterhin erst, wo die Wirkung hervortritt, wenn er bemerken kann, daß die Zeitgenossen seine Hoffnungen in sich aufnahmen, sie verwirklichten, förderten, dann empfindet er sich mit anderen zusammen als ein Ganzes, als ein wahrhaft lebendiges Wesen.

Solche Gefühle erregte mir jede Ihrer Sendungen, vorzüglich nun die letzte, wo Sie auf das freundlichste mich namentlich in den Kreis Ihrer Wirksamkeit aufnehmen.

Ich eile meinen vorläufigen Dank herzlich auszudrücken und behalte mir vor, bey Übersendung eines eben im Drucke zu beendigen Heftes mich sowohl über das Verdienst Ihrer Arbeit, als über den schönen und so richtigen Gedanken: von Benutzung verschiedener Sprachen zu verschiedenen charakteristischen Zwecken meine Freude weiter auszusprechen. Denn gerade zu der jetzigen Zeit kommen diese Worte als erwünschtes Evangelium, dem Deutschen zu sagen: daß er, anstatt sich in sich selbst zu beschränken, die Welt in sich aufnehmen muß, um auf die Welt zu wirken. Ihr Beyspiel ist unschätzbar!

Mich auf's angelegentlichste empfehlend

Ew. Hochwohlgeboren

ganz gehorsamster Diener

Jena, d. 28. März 1817.

J. W. v. Goethe. [41]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1817. An den Grafen Sergej Semenowitschvon Uwarow. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8FE7-3