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An Friedrich Heinrich Jacobi
[13. und 14. August 1774.]
Ich träume lieber Fritz den Augenblick, habe deinen Brief und schwebe um dich. Du hast gefühlt daß es mir Wonne war, Gegenstand deiner Liebe zu seyn. – O das ist herrlich daß jeder glaubt mehr vom andern zu empfangen als er giebt! O Liebe, Liebe! Die Armuth des Reichthums – und welche Kraft würkts in mich, da ich im andern alles umarme was mir fehlt und ihm noch dazu schenke was ich habe. Ich habe vorige Nacht ausm Postwagen durch Basedows Grille geseßen. Es ist wieder Nacht. – Glaub mir, wir könnten von nun an stumm gegen einander seyn, uns dann nach Zeiten wieder treffen, und uns wärs als wären wir Hand in Hand gangen. Einig werden wir seyn über das was wir nicht durchgeredt haben. Gute Nacht. Ich schwebe im Rauschtaumel, nicht im Wogensturm, doch ists nicht eins welcher und an Stein schmettert? – Wohl denen die Trähnen haben. – Ein Wort! Laß meine Briefe nicht sehen! Versteh! – Erklärung darüber nächstens wenns braucht. am 13. Nachts.
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am 14. Abends.
Ich habe Tanten gesehen, und bin froh daß der Dammweg ist, der über ihr ander garstig Verhältniß, noch manches Gefühl zurückschwellte in ihr Herz. – Sie darf mit mir von ihrem Fritz reden – Heute zum erstenmal – Wohl! Wohl! – Wenn Sie diese Jahre her das gekonnt hätte wärs nichts – Jetzt aber – und so – ihr triumphirender Glaube: sie werden sich lieben! – Frau, Schwester, Bruder, Rosten, alles Grüße, jeglichem nach seiner Art. Ich danke den Mädchen für ihre Briefgen. Sie sollen mir manchmal schreiben, wenn ich auch todt scheine. Es würkt innerlich doch und so ein Briefchen weckt schlafende Kräfte, sie sollen Dramas haben Lieder, allerley. – Adieu meine neuen. Schick doch Jung einen Clavigo.
G. [183]