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An Friedrich August Wolf

Es ist mir schon mehrmalen so gegangen daß ich, wenn ich auswärts zu lange gezögert hatte, endlich auf einmal über Hals und Kopf nach Hause berufen wurde. So geht es auch diesmal. Mein kleiner Hausgeist ist angekommen, und mit solchen Nachrichten und Aufträgen daß ich wohl eilen muß morgen Abend zu Hause zu seyn. Nimmt mir dieser Schritt die Freude Sie wieder zu sehen; so überhebt er mich auch eines Abschieds der mir, nach so lange genossener Nähe und Nachbarschaft, noch empfindlicher fallen würde als er mir jetzt in der Einbildungskraft schon werden muß. Das viele Gute das Sie mir erzeigt haben bleibt mir unvergeßlich und für die Geduld die Sie mit einem Krancken, einem nothdürftig Genesenden haben können bleibe ich Ihnen ewig danckbar. Wo fänden sich Beweise der Freundschaft und Neigung wenn es diese nicht sind.

[58] Herrn Bergrath Reil empfehlen Sie mich vielmals, dancken Sie ihm herzlich für seinen aufmercksamen Antheil und bitten Sie ihn mich nicht ohne seinen schriftlichen Rath zu lassen. Ich bin alsdann so frey ihm weitere Nachricht von meinem Befinden zu geben.

Ein Kästchen wahrscheinlich mit einem bezeichneten Schädel habe erhalten, solches aber weil es so gut verwahrt ist nicht eröffnet, in Weimar werde ich mich desselben sogleich erfreuen. Wie leid ist es mir daß ich dem Geber nicht mündlich dancken kann! Sie thun es ja wohl in meiner Seele und empfehlen mich der ganzen werthen Familie zum besten.

Die übersendeten Bücher habe wohl eingepackt bey Richters gegen dem Schauspielhause niedergelegt, wo sie ja wohl einmal irgend ein Freund abholt. Das Leben Ruhnkens und Wyttenbachs hat mich sehr unterhalten und um so mehr erfreut als ich meistens von Ihnen zu lesen glaubte. Doch will mir Herr Rinck nicht ganz gefallen, er scheint mir dem Geschäfft nicht völlig gewachsen.

Ferner habe ich mich an Robertsons Meisterschaft, an Veltheims geistreichem Dilettantismus erfreut, bin Lemprieren gern im Geiste nach Marocco gefolgt, indem ich Gott danckte daß ich dem Leibe nach in Lauchstedt war. Wo es mir jedoch nicht zum Besten ging. Den Versuch mich in eine Wüste zu begeben werde ich nicht wieder wagen. Das Schema zu meiner [59] Arbeit ist recht umständlich ausgedacht, zur Ausführung wollte sich die Quelle nicht eröffnen. Da hab ich denn gelesen und dazwischen sehnsuchtsvoll nach Norden und Süden geblickt. Das Bad und seine Pritsche greift denn auch an, man weiß nicht welchem Heiligen man sich wiedmen soll, besonders da sie nun auch an meiner wand zu dreschen anfangen, welches ich bey aller meiner Freude über die gute Erndte sehr unbequem finde, Wie sehr habe ich die Tabackraucher beneidet die auf solche Fälle gerüstet sind. Unter diesen Voraussetzungen ist es für einen Besuch den ich hatte nicht einmal sehr schmeichelhaft wenn ich sage: wäre er doch ein paar Stunden früher gekommen und hätte länger verweilt! Herr Steffens und sein Freund sahen mich auf einen Augenblick. Der junge Dichter gefällt mir von Absehen recht wohl. Kommt er nicht nach Weimar? Veranlassen Sie ihn doch dazu, er soll wohl empfangen seyn und mich mit seiner und der dänischen Poesie bekannt machen. Er versprach mir ein Exemplar. Wenn er es nicht selbst bringt, wird es lange tod bey mir liegen. Er ist ja nah und findet manches bey uns dessen er sich dereinst in dem fernen Norden gern erinnert. Indessen überlegt ich mit meinem kleinen Hausgefährten, ob wir nicht noch schnell zu Ihnen hinüberrutschen sollten. Unsre einige Kräfte aber und die Kräfte unsrer Thiere berechnend standen wir ungern von dem Vorsatze ab. Wir grüßen beyde auf [60] das lebhafteste auch das liebe Minchen, bitten bald um ein schriftlich Wort und lassen nächstens von uns hören.

Lauchstedt d. 5. Sept. 1805.

Goethe.


Noch erlauben Sie ein ökonomisches Nachwort.

Die vom lieben Mienchen ausgelegte 20 rh. 14 gr. sende gleich von Weimar, so wie ich auch etwas für den Barbier beylege.

Unsre von mir freylich nicht mit sonderlicher Strenge geführte Reiserechnung könnte als ausgeglichen angesehen werden. Noch bin ich mit einigem andern im Rest dessen ich gedencke. Vor allem aber Ihrer Güte um deren Fortsetzung ich herzlich bitte.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1805. An Friedrich August Wolf. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-90C9-2