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An Christian Gottlob Voigt

Aus beyliegenden Acten geruhen Ew. Excellenz sich gefällig die Lage bekannt zu machen, in welcher sich die Angelegenheit des Ankaufs des Hellfeldischen Hauses und dessen künftiger Benutzung befinden. Da ich denn nur zu dem Fol. 33 eingehefteten letzten Gutachten [328] des Architekt Steiners meine Bemerkungen hinzufügen will.

Nach meiner von Knebelschen Zeiten her genauen Kenntniß der inneren Einrichtung des großscheinenden Gebäudes, welches nur zur Noth zwey stille schwache Familien beherbergen kann, sah ich voraus, daß Döbereiner mit sechs Kindern, chemischer Bibliothek und Apparat, ein Auditorium bedürfend pp. und Körner mit seinen Werkstätten keinen Raum darin finden würden. So hat es sich denn auch bey genauerer Betrachtung ergeben, wie der Steinerische Aufsatz bezeugt.

Hierbey ist aber nichts verloren, denn wir haben das Haus noch wohlfeil genug und es würde sich für unsere Zwecke kein schicklicheres gefunden haben. Wenn wir also Döbereinern den Fol. 5 roth angelegten Raum und also das Fol. 10 in seinen drey Etagen aufgeführte Haus übergeben; so hat vollkommen und für ewige Zeiten Raum und wir haben keine Klagen und Reclamationen, wie sie bey gemeinschaftlich Wohnenden niemals zu fehlen pflegen, zu befürchten und zu beseitigen. Was jedoch den übrig bleibenden Raum betrifft, welcher Fol. 5 mit No. 3 bezeichnet worden, so würde wünschen, daß man sich mit Veräußerungen desselben nicht übereile. Es war vielleicht die klügste Handlung des Hellfeldischen Lebens, daß er diese nachbarlichen Grundstücke acquirirte, wodurch das seinige einen viel höhern Werth [329] bekam, welches sich wohl erwiesen haben würde, wär er nicht genöthigt gewesen im gegenwärtigen Augenblicke loszuschlagen. Die Eile, womit diese Angelegenheit behandelt werden mußte, nöthigt nun im Fortgange zu immerwährender Überlegung.

Erst wenn man die Räume selbst mit Augen gesehen und die Bedürfnisse des ganzen wahrhaft großen Vornehmens durchdacht und überschlagen, wird man mit Gründlichkeit darlegen können inwiefern wir des gedachten freyen Raumes noch bedürfen. Ein Laboratorium ist auf alle Fälle anzulegen und es wird die Frage entstehen, ob nicht gerade hier der rechte Ort sey, denn der Raum No. 3 hat einen Brunnen, welcher dem übrigen Theile fehlt; so kann uns auch die Scheune, zu Niederstellung mancher Geräthschaften, welche des Jahres nur einmal gebraucht werden, vielfach Nutzen bringen; anderes berühre nicht, bis nach eigner Inspection gründlicher darüber zu reden vermag. Hätte nicht Dr. Schnauß so gut mit Luden zu verfahren gewußt, so hätten wir nach des letzteren eigener Aussage vor das Haus soviel mehr bezahlen müssen, als jetzt die Baukosten betragen. Bis nun aber das Haus übernommen und dasselbe Döbereinern nebst dem ihm bestimmten Garten-Antheil übergeben werden kann, macht sich nothwendig, gedachtem Bergrath sein gegenwärtiges Quartier vor Ostern aufkündigen und seine vorläufige Einrichtung darnach [330] treffen könne. Serenissimo habe ich davon umständlichen vorläufigen Vorschlag gethan und Höchstdieselben überlassen alles unserer Überzeugung. Sind es Ew. Excellenz zufrieden, so könnte man dem Architekt Steiner den Auftrag geben, Döbereinern den Riß vorzulegen, ihm wegen seines Antheils die nöthige Erläuterung zu geben und den ihm bestimmten Gartenraum allenfalls, zur Vermeidung aller künftigen Unannehmlichkeiten, in grader Linie mit dem Gebäude abzupfählen. Hätte Dr. Schnauß nächste Woche Raum sich mit hinüber zu verfügen, so gäbe man diesem den Auftrag, daß die Handlung, ohne die eigentliche Übergabe zu seyn, ihre völlige Legalität erhielte. Vielleicht könnte Dr. Schnauß zu gleicher Zeit die 500 Rthlr., wovon er gemeldet haben wird, Hellfelden überbringen und so ginge die ganze Angelegenheit mit wenigen Schritten vorwärts. Die merita causae überdenke Tags und auch wohl Nachts, wenn der Schlaf sich so früh entfernt.

Unsere Angelegenheiten überhaupt verdienen und fordern es, Serenissimi Antheil ist groß, die Sache wichtig, sie hat guten Grund, wird doch aber für den Augenblick aus dem Stegreife behandelt. Ich werde nicht verfehlen derselben meine größte Aufmerksamkeit zu widmen. Das Currente und Bedenkliche werde gleich abthun, in bedeutenden Dingen Ew. Excellenz gütigen Rath und Beystimmung erbitten und von Zeit zu Zeit Registrande und Acten, die [331] freylich ein etwas buntes Ansehen haben, zu geneigter Durchsicht und Billigung vorlegen.

Weimar d. 5. April 1816.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-90D1-E