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An Friedrich Constantin von Stein

[Concept.]

Die baldige Sendung, mein Theuerster, des versprochenen Gesteins hat mich höchlich erfreut und zugleich überrascht, denn ich ergab mich schon in Ihren Gedanken, den ich für sehr glücklich hielt, man habe den kohlendeckenden Sandstein mit überbliebenen Pflanzenspuren für gegliderten Quarz gehalten und genannt. Nun aber sehe ich ein merkwürdiges Stück, welches man in einem gewissen Sinne porphyrartig nennen könnte, denn in einem körnigen, bis in seine kleinsten Theile kristallisierten Quarzgestein, bildeten sich etwas festere, aus der Masse wohl auszulösende Stücke, aus ihr selbst geformt. Es ist mir noch nicht vorgekommen, ob ich gleich Analoges kenne, wovon ich auch instructive Stücke mittheilen kann. Wunsch und Bitte geht nun aber dahin, daß Sie mir noch ein tüchtiges Stück oder einige verschaffen mögen, um Freunde an dieser wieder aufgefundenen Seltenheit billigen Theil nehmen zu lassen.

Herr Major v. Staff besucht mich so eben und ich bedaure Sie, einen so braven Nachbar und Theilnehmer verloren zu haben; er sah Italien im militarisch- politischen Sinne zu bedeutender Zeit und entschiedener guter Gelegenheit, hielt alles fest und zur Mittheilung und Beurtheilung bereit und gegenwärtig.

[177] Der Urstier ist bis auf wenige Knöchelchen beysammen, das Fehlende kunstgemäß ersetzt, und so steht er zum Erstaunen von jedermann, denn die Vergleichung ist sehr auffallend mit dem Skelett eines bey uns schon groß gehaltenen Ochsen. Die Länge jenes Colossen von der Mitte zwischen den Hörnern bis zum Ende des Beckens sind 8 Leipziger Fuß und 8 1/2 Zoll, die vordere Höhe 6 Fuß 5 1/2 Zoll, die hintere Höhe 5 Fuß 6 1/2 Zoll; im lebendigen Zustande muß alles größer gewesen seyn, da ja die Knorpel fehlen und die Knochen selbst etwas müssen verloren haben.

Doctor Rayslers Programm habe mit Vergnügen gelesen; es ist immer höchst merkwürdig zu vernehmen, wie die Menschen mit demjenigen gebahren, was man ihnen mittheilt.

Nächstens folgt eine Rolle Radirungen junger Künstler nach meinen Skizzen, wobey Sie sich gewiß früherer Zeiten gern erinnern werden, dagegen gedenken Sie mein auch, wenn der nordöstliche Caviar herankommt.

Weimar den 19. November 1821.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An Friedrich Constantin von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9120-5