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An Johann Wolfgang Döbereiner

Ew. Wohlgeboren

sind in Ihren beyden letzten Briefen meinen Wünschen zuvor gekommen. Die Erklärungsweise, wodurch Sie uns über den Ursprung der Berkaischen Schwefelwasser verständigen, kommt mit den Überzeugungen überein, die ich von solchen Dingen, freylich nur im Allgemeinen, hegen kann. Die großen Fortschritte der Chemie rechne ich unter die glücklichen Ereignisse, die mir begegnen können.

[209] In diesen Tagen habe ich wieder manche Stunde Ihrem vortrefflichen Handbuche gewidmet, um mich mit der Sprache, den Ausdrücken, der Terminologie, der Symbolik immer mehr bekannt zu machen. Nicht allein muß man sie wissen, um den Chemiker zu verstehn, sondern sich auch angewöhnen, damit selbst zu gebahren. Verläßt man nie den herrlichen elektro-chemischen geistigen Leitfaden, so kann uns das Übrige auch nicht entgehn.

Aus Italien hat uns ein Herr Morecchini Hoffnung gemacht, Farben und Magnetismus in Rapport zu setzen. Herr Dr. Seebeck hat zwar kein Zutrauen dazu, allein mir ist an der Sache so unendlich viel gelegen, daß ich ihr die Zeit her immer nachgehe. Ich habe mir einen Entwurf zu einer Reihe von Versuchen gemacht, deren Resultate ich nächstens zu melden hoffe. Heute sage ich nicht mehr, als daß ich Sie ersuche, der Selbstverbrennung lebender menschlicher Körper Ihre Aufmerksamkeit zu schenken, welche Dr. Kopp zu Hanau wieder zur Sprache gebracht hat. (S. Jenaische Ergänzungsblätter für 1813 Spalte 44.) Hier wie bey'm Verfaulen, Verwesen, Verfetten, ist die Operation ganz chemisch und um so merkwürdiger, als die Elemente den Rest einer geschwächter Rivalität überwältigen. Da die körperliche Beschaffenheit solcher Personen nunmehr ziemlich in's Klare gesetzt ist, so wäre die Frage, ob man nicht Leichnamen ähnlicher Art auf irgend einem chemischen Wege die Fähigkeit[210] mittheilen konnte, von einem geringen Feueranlaß entzündet zu werden und an und in sich selbst zu verbrennen. Alles deutet bey dieser Operation auf eine schnelle Entwickelung des Schwefelwasserstoffgases, mit dem wir uns bisher so eifrig beschäftiget haben.

Das Gablersche Haus, dessen Sie erwähnen, ist nicht gnädigster Herrschaft geblieben, sondern Cammerrath Nöthlich hat es für 505 Thlr. erstanden; doch habe ich Ihre Wünsche Serenissimo bey dieser Gelegenheit vorgetragen, so daß wenigstens eine Einleitung für künftige Fälle geschehn ist. Glauben Sie, daß ich gern alles beytrage, um sowohl Ihre Arbeiten als Ihre Zufriedenheit zu befördern.

Doctor Seebeck grüßt vielmals und fährt fort, thätig und theilnehmend zu seyn.

Weimar den 26. December 1812.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Johann Wolfgang Döbereiner. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-915D-0