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An Charlotte von Stein

Kalbsrieth. d. 22. März 1782.

Gestern kam ich schon zeitig hierher, und hörte mit grosem Vergnügen daß die Seckendorf und Caroline kommen würden. Ich wusste daß der Präsident auf dem Weege war, und zwischen Vater und Sohn, gegen die mein innerstes zugeschlossen ist, dachte ich mir ein Paar betrübte Tage. Solange als die kleinen Gäste erwartet wurden hatte ich nicht den Verstand zu hoffen daß meine Liebste mir mit dieser Gelegenheit schreiben würde, so fest hatte ich mir in den Kopf gesetzt daß ich durch Reviglio in Alstädt einen Brief haben sollte. Wie fröhlich war ich als mir Carolingen ein Papier gab, ich danckte deiner Sorgfalt tausendmal, und alle Besorgnisse waren mir verschwunden, als ich wieder von deiner Hand die Versichrung deiner Liebe las. Wir waren munter und vergnügt. Ich erzählte ihnen ein Mährgen, worüber viel gelacht wurde, indem sich aus einer weitläufigen Geschichte der Ursprung eines grosen Löffels den der Stadtrath zu Rastenberg aufbewahrt, und des [286] graziosen Lächlens einer bekannten Standsperson offenbaarte.

Mit diesem schicke ich dir die Abschrifft von Mie tings Trauergedicht durch einen Expressen. Lass mich Sonntag Abends in Grosrudstädt etwas von dir finden.

Montags Abend bin ich schon wieder bey dir, länger möcht es nicht auswärts gehn, besonders da ich zu Ende der Woche wieder fort muß.

Ich komme aber Montags späte, dies schreib ich dir nur damit du mir zu liebe zu Hause bleibest und ich dich gewiss antreffe.

Im Strada der den alten Niederländischen Krieg geschrieben hat, finden sich gar treffliche Schilderungen von Personen die ich dir übersetzen will. Wenn ich nach hause komme will ich die Stelle Quintilians nach der du fragst aufschlagen und sie mit dir lesen.

Lebe wohl liebes Leben. Wenn du mir nur schreibst daß du gut geschlafen hast, giebt mir's neue Kräffte auf den ganzen Tag. Gott erhalte dich. Seit ich in deiner Liebe ein Ruhen und Bleiben habe ist mir die Welt so klar und so lieb. Unter den Menschen nenne ich deinen Nahmen still für mich, und lebe auch entfernt von dir nur um deintwillen. Ich habe dir viel artiges zu erzählen.

Gegenüber schreib ich, was ich dir von Briefen seit Mittwochs geschickt habe, mercke dir auch was du mir schreibst. damit nicht ein Billet verlohren gehe.


[287] Mittwochs d. 20ten früh.

In Weimar ein Billet mit einem Briefe von der Jöchhausen und Oesern.

Von Buttstädt ein Billet durch den Kutscher frühe, das hast du d. 20ten Nachts um 10 Uhr noch nicht gehabt.

Von Buttstädt durch einen Boten einen Brief d. 21. frühe.

Dieses von Kalbsrieth. d. 22ten. früh.

G.

Adieu! grüse den Herzog.

NB. heute bleib ich hier.

Morgen d. 23. auf Alstädt. Abends wieder Kalbsrieth.

Sonntags d. 24. auf Grosrudstädt.

Montag Abend nach Weimar.

Wenn du dem Boten heute Abend ein Paar Zeilen mitgiebst, so find ich sie Morgen Abend hier, wen ich von Alstädt wieder zurückkomme.

Schreibe mir doch ia von der Gräfinn Brühl daß ich etwas für die Weibgen habe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1782. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-916C-E