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An Friedrich von Luck

[Concept.]

[18. März 1831.]

Ew. Hochwohlgeboren

sind mir von je als ein wohldenkender und wohlwollender, geistreicher Mann bekannt; deswegen bin ich überzeugt, Sie werden es freundlich aufnehmen, wenn ich Ihnen, in Erinnerung heitrer und ernster Stunden, zutraulich die Verlegenheit mittheile, in der ich mich befinde.

[147] Ich darf vorausetzen, daß Sie jederzeit die vorzüglichen und trefflichen Personen im Auge haben, an welche Sie ein Schreiben zu richten gedenken. Nun ersuch ich Sie, unsre verehrte Frau Großherzogin sich vorzustellen, deren Tage und Stunden in sorgsamster Beobachtung hoher Pflichten, wie eine Fürstin gegen Familie und Staat empfindet, treulichst verwendet werden, wobey sie zugleich durch die sehr bewegte Zeit zu den ernstesten Betrachtungen aufgefordert wird.

Eine solche Dame, denken Sie sich, eröffne einen Brief, der mit den seltsamsten indechiffrablen Hieroglyphen, mißfarbigen Bildern und seltsamen Lettern Ihr entgegen tritt, so werden Sie mir zugestehen, daß ein reines zartes Frauengefühl eine gewisse Apprehension empfinden, und der augenblickliche Eindruck höchst unerfreulich seyn müsse.

Darf ich daher, der ich Personen und Verhältnisse in der nächsten Nähe genauer kennen kann, als es Ew. Hochwohlgeboren in so weiter Ferne möglich seyn dürfte, Sie nicht ohne höhere Veranlassung auf's dringendste ersuchen, künftighin Ihro Kaiserliche Hoheit nicht ferner, weder mit solchen Schreiben, so wenig als mit Gedichten und Zueignungen anzugehen.

Ew. Hochwohlgeboren werden solche Sendungen um so gewisser unterlassen, als ich versichern kann, daß jedesmal unangenehme Sensationen dadurch erregt werden, welches gewiß die Absicht nicht ist, da Sie in Gefahr kommen, der vorzüglich guten Meynung, [148] welche Ihro Kaiserliche Hoheit von Ihren Eigenschaften hegen, einen ungünstigen Eintrag zu thun.

Da diese meine Äußerung schon beweist, welches herkömmliche Zutrauen ich in Ihre Gesinnungen setze und ich nicht verbergen kann, daß unsre so höchst ehrwürdige Rhein-Scenen mir vollkommen gegenwärtig sind, so darf ich wohl nichts weiter hinzufügen und mich mit den treusten Wünschen hochachtungsvoll unterzeichnen.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1831. An Friedrich von Luck. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-91B0-3