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An Bettina Brentano

Die Documente philanthrophischer Christen- und Judenschaft sind glücklich angekommen, und Ihnen soll dafür, liebe kleine Freundin, der beste Dank werden. Es ist recht wunderlich, daß man eben zur Zeit, da so viele Menschen todtgeschlagen werden, die übrigen aufs beste und zierlichste auszuputzen sucht. Fahren Sie fort mir von diesen heilsamen Anstalten, als Beschützerin derselben, von Zeit zu Zeit Nachricht zu geben. Dem Braunschweigischen Juden Heiland ziemt es wohl fein Volk anzusehen, wie es seyn und werden sollte; dem Fürsten Primas ist aber auch nicht zu verdenken, daß er dies Geschlecht behandelt wie es ist, und wie es noch eine Weile bleiben wird. Machen Sie mir doch eine Schilderung von Herrn Molitor. Wenn der Mann so vernünftig wirkt, als er schreibt, so muß er viel Gutes erschaffen.

Ihrem eigenen philanthropischen Erziehungswesen aber wird Überbringer dieses, der schwarzaugige und braunlockige Jüngling empfohlen. Lassen Sie seine[42] väterliche Stadt auch ihm zur Vaterstadt werden, so daß er glaube sich mitten unter den Seinen zu befinden. Stellen Sie ihn Ihren lieben Geschwistern und Verwandten vor und gedenken Sie mein, wenn Sie ihn freundlich aufnehmen. Ihre Berg- Burg- Kletter- und Schaurelationen versetzen mich in eine schöne heitre Gegend und ich stehe nicht davor daß Sie nicht gelegentlich davon eine phantastische Abspieglung in eine fata morgana zu sehn kriegen.

Da nun von August Abschied genommen ist, so richte ich mich ein von Haus und der hiesigen Gegend gleichfalls Abschied zu nehmen und bald möglich nach den Carlsbader Gebirgen zu wandeln.

Heute um die 11. Stunde wird confirma hoc Deus gesungen, welches schon sehr gut geht und großen Beyfall erhält

Weimar den 3. April 1808.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1808. An Bettina Brentano. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-91EF-A