24/6612.

An Carl Ludwig von Knebel

Zum allerschönsten danke ich dir, mein theuerster Freund, für den herrlichen Beweis deiner Liebe und Sorgfalt, womit du mich in Ilmenau aufgesucht hast. Die Murrische Correspondenz war der bedeutende Zuwachs zu meiner handschriftlichen Sammlung, der mir dieses Jahr geworden ist. Merkwürdig sind die Männer welche schreiben, und merkwürdig der Mann den seine meisten Correspondenten heruntermachen, und ihm seine Zudringlichkeit, seinen Eigennutz, seine Prellereyen deutlich genug zu verstehen geben; wie man dieses mit höflichen Wendungen thut, kann man wirklich aus gedachten Briefen lernen. Meinen dießjährigen Gewinn habe ich nunmehr alphabetisch geordnet und werde ihn sogleich einrangiren.

In Ilmenau habe ich sieben sehr vergnügte Tage zugebracht und die Erinnerungen alter Zeiten waren mir gar wohltäthig; sie ist lange genug vorbey, so daß nur das, was eigentlich fruchtbar in ihr lebte, für die Einbildungskraft übrig geblieben ist. Das Gute, was man beabsichtigte und leistete, ist in allen Hauptpuncten wohl erhalten und fortgesetzt worden.

Doch du warst ja selbst vor kurzem Zeuge, wie leidlich es sich dort lebt, und dein Andenken blüht ja auch daselbst, und man spricht noch von manchen guten Tagen und Stunden.

[3] Sonnenschmidt habe ich auch besucht und vortreffliche Sachen bey ihm gesehen. Sein wunderliches Wesen, über welches sich manche beklagen, hat er wenigstens nicht gegen mich ausgeübt.

Mit Bergrath Voigt habe ich die alten Geologica wieder aufgesucht und zugleich den 3. Band von des Meinunger Heims Schriften aus diesem Tasche gelesen. Es ist immer merkwürdig genug, wie sich ein klarer Verstand anhaltend treuer Beobachtungen zu bemächtigen sucht; aber es ist auch eben so auffallend, daß er ohne eine gewisse höhere Bildung nicht durchkommt. Das Heimische Buch ist Epochenweise vortrefflich, und wieder Epochenweise sehr schwach, und das blos deswegen, weil er im ersten Falle die Gegenstände meistert, und sich im andern von ihnen meistern läßt. Hierüber mündlich das mehrere.

Sonst habe ich meinen Tag zu Pferde, auf der Troschke und auch wohl spazierengehend zugebracht; der Herzog war guten Humors, meinen Geburtstag feierten sie auf eine heitere Weise, das Wetter war in den letzten Tagen sehr schön, so daß wir sämmtlich ungern wegzogen, und so habe ich nun weiter nichts zu wünschen, als noch einige gute Wochen in Jena, wo ich dich und die lieben Deinigen wohl und gesund zu finden hoffe.

Weimar, den [5.] Sept. 1813.

Goethe.


[4] Ist das Werk sur le Suicide noch in deinen Händen, so erbitt' ich mirs. Marie des Königs von Holland hat mir viel Vergnügen gemacht.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1813. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-91F1-2