[63] 29/7988.
An Georg Moller
Ew. Wohlgeboren
angenehme Sendung war mir doppelt erfreulich, als sie mir einen Beweis gab Ihrer fortgesetzten Thätigkeit sowohl, als auch eines geneigten Andenkens. Diese Sammlung giebt immer mehr Licht über jene frühern Zustände und über die Art in der Kunst zu denken und zu wirken. Sehr angenehm war mir die Spitze des Pfarrthurms: der wackere Künstler hatte die Absicht dem guten Frankfurt eine ganz andere Ansicht zu geben, die jetzt, bey der noch so schönen Lage, durch den stumpfen Thurm höchst unerfreulich bleibt. Ich habe von Jugend auf das Gefühl gehabt, daß diese flache Mütze durchaus widerwärtig sey.
Das Facsimile des Cölner Doms empfange mit Dank und wünsche irgend etwas Angenehmes und Nützliches dagegen zu erwidern. Die Aufopferung des Originals scheint mir wahrhaft heroisch und um desto löblicher und rühmlicher. Wenn man dort gute Anstalt macht diesen Schatz zu bewahren, so wird dieser Ihr guter Wille noch in späten Zeiten gepriesen werden.
Schließlich darf ich nicht unterlassen die höchst reinliche Genauigkeit Ihrer Blätter zu rühmen; sie erfreut bey allen architectonischen Zeichnungen, am meisten aber ist sie bey dieser altdeutschen Bauart[63] willkommen, weil das Schlanke des Ganzen, das Zarte und Zierliche des Einzelnen uns dadurch auf das Angenehmste entgegentritt.
Womit ich denn, unter den besten Wünschen mich angelegentlichst empfehle.
ergebenst
Goethe.