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An Johann Heinrich Meyer

Ihr Brief vom 20. August ist der letzte den ich erhalten habe, und seit dem 15. Sept. habe ich Ihnen nicht wieder geschrieben. In diesen 4 Wochen sind wunderliche Dinge vorgegangen, die Franzosen sind in Deutschland so gut wie aufgerieben und die Österreicher operiren schon wieder gegen den Hundsrück und gegen das Elfas zu. Die Franzosen stecken zwar in Tyrol und haben Trient und Roveredo, doch hat Wurmser in der Lombardie große Vortheil erhalten, von denen Sie mehr Kenntniß haben werden als wir.

Leider können alle diese Begebenheiten auf uns beyde nur so viel wirken, daß jeder vorerst auf seinem Platze bleibt und mit dem besten Fleiße dem Frühjahr entgegen hofft. Gerning schreibt mir er wollte diesen Herbst noch nach Neapel. Wenn es keine Rodomontade ist, so schicke ich Ihnen allerley durch denselben, wäre er wirklich, wie zu vermuthen ist, wenn er die Reise unternimmt, mit guten Pässen und Empfehlungsschreiben versehen, so könnten Sie, wenn Sie in Florenz fertig wären, die Reise mit ihm machen, und ich zahlte, was er für Sie auslegt, an seinen Vater nach Frankfurt. Er ist freylich sehr unzuverlässig, doch sind solche Menschen auch manchmal brauchbar. Es mag mir gehen wie es will, so wünschte [227] ich daß Sie nicht nach Hause zurückkehrten ohne den Schatz zu Portici genutzt zu haben. Da der Krieg sich so weit von Neapel entfernt, wird es auch dort für einen Fremden leidlicher leben seyn, besonders wenn man sich als Künstler legitimirt und vielen Personen bekannt ist. Sagen Sie mir darüber Ihre Gedanken. Aus der beyliegenden Rechnung sehen Sie, daß Sie nach Abzug der 200 Laubthlr. bey mir noch zu gute behalten, daß Sie Ihre Kunstarbeiten schon als reinen Profit mitbringen und daß Sie auf Ihrer Reise nicht so viel verzehren können als Ihnen Ihre Manuscripte bezahlt werden, sobald Sie solche künftig rangirt haben. Werden Sie also nicht müde noch verdrießlich, wenigstens von Ihrer Seite Ihren Plan zu verfolgen und bedenken Sie daß das was Sie jetzt nicht ausführen schwerlich ein anderer in vielen Jahren leisten wird.

Schillers Almanach, den er aus mancherley Ursachen in Jena drucken ließ, und den Sie durch Gerning erhalten sollen, hat uns manchen Spaß aber auch manche Beschwerlichkeiten gemacht. Ich habe zuletzt selbst noch die Decke zeichnen müssen und das Titelkupfer von Bolt ist nichts weniger als gut gerathen. Haben Sie deswegen die Güte uns sobald als möglich mit einer Zeichnung für beyde zum künftigen Almanach zu beglücken. Die schwarzen Linien, die ich auf die letzte Seite ziehe bezeichnen die Größe der Decke und die rothen des Titelkupfers, leider ist [228] diesmal alles zu spät angeordnet und alsdann aus dem Stegreife behandelt worden.

Noch muß ich eins bey Ihnen nachfragen. Es sind die Italiänischen nachgemachten Blumen bey uns, wegen Ihrer Natürlichkeit, wieder seit einiger Zeit berühmt geworden, da der Medicus Hufeland aus Italien eine solche Garnitur zum Tischaufsatz erhalten hat. Loder wünscht auch dergleichen, könnten Sie gelegentlich solche finden, anschaffen und herausspediren, so würden Sie Ihr Andenken auch von dieser Seite erneuern.

Die Decke zum Almanach, wünscht ich, daß Sie als wenig erhobene Arbeit behandelten, gleichsam als in Gold oder Silber geprägt. Wenn Sie mir die Zeichnungen schicken, so melden Sie mir nur gleich den Preis, denn der Arbeiter ist seines Lohnes Weth.

W. den 12. Octobr. 1796.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1796. An Johann Heinrich Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9244-D