49/175.

An Christian Daniel Rauch

Heute ist unsre gute Doris Zelter mit der kleinen Facius abgereis't; sie werde manches Freundliche von Weimar zu erzählen haben.

Nun sey auch für Ew. Wohlgeboren liebwerthen Brief der treulichste Dank gesagt und mit Freundigkeit versichert: daß es mir in mehr als einem Sinne zu Beruhigung und Trost gereichte, Sie wieder in Berlin zu wissen, ich lebe dort mehr als ich sagen kann und vergegenwärtige mir möglichst das mannigfaltigste Große, was für die Königstadt, für Preußen und für den ganzen Umfang der Kunst und Technik, der Wissenschaft und der Geschäftsordnung geleistet und gegründet wird.

Ihre Abwesenheit, während welcher ich Sie den bestrebsamen Bayern und ihrem wohl- und edelgesinnten König gern gönnen mochte, hat mir gar manche Angelegenheit verdüstert die mir wirklich am Herzen liegt.

Lassen Sie nunmehr das geschickte wundersame Mädchen Ihrer fernern anleitenden Gunst genießen. Ich habe ihr auf das ausführliche empfohlen: sich an Ew. Wohlgeboren ausschließlich zu halten und jeder Anordnung Folge zu leisten. Wie ich denn alles was Sie in Ihrem Schreiben bestimmten für gut [240] und nützlich halte, welches denn auch jetzt wie künftighin zur Richtschnur dienen mag.

Wegen der Medaille war ich vollkommen Ihrer Meynung, weshalb ich denn auch einleitete daß die Künstlerin unsern gnädigsten Herrn in Wachs bossirte; das ist denn auch, wie Sie sehen werden, ganz leidlich gerathen.

Indessen kam unser gute Fürst auf den Gedanken, sie, wohlwollend, auf seine Weise zu beschäftigen und das Bild durch sie in Stein schneiden zu lassen; auch gab er zu diesem Zweck einen zwar sehr dunklen, aber sehr schönen Carneol, der sich noch von Gotha herschreibt.

Hiedurch veranlaßt, hat das gute Kind den metallnen Apparat ihrer Maschine schon eingepackt; der Vater wird ihn nachsenden, das hölzerne Gestell wird in Berlin zu fertigen seyn.

Nun aber ist meine Sorge, dieses Zwischengeschäft möchte jenen Plan stören, indem statt der projectirten Medaille dieses Intaglio eintreten würde.

Da aber auf alle Fälle einige Zeit verfließen wird, bis die Maschine ankommt, bis Gestell und sonstiges Zuhörige fertig ist und das Technische vorgenommen werden kann, so würde ich rathen, Sie verführen gleich nach jenem Vorschlag und ließen eine Medaille in Arbeit nehmen.

Indessen wäre das Andere zu überlegen, und Sie würden mir Ihre Gedanken darüber gefällig anzeigen.

[241] Findet sich denn wohl ein Steinschneider daselbst den man um einige Theilnahme ansprechen könnte? und wie wäre es wegen der Localität zu halten, wo eine dergleichen zarte Arbeit ungestört unternommen weren könnte? Alles dieses werden Sie mit einem Blick übersehen und, wie gesagt, die Einleitung treffen daß die Zeit nützlich angewendet würde.

Was die Medaille betrifft, würde ich vorerst für eine kleinere stimmen, etwa von

beygezeichneter Größe,



und nur Kopf und Hals, mit Andeutung einer antiken Schulterverzierung. Die Rückseite würde sich besprechen lassen. Soviel für diesmal! Ihre geneigte Einwirkung für's Nächste und Fernere dankbarlichst anerkennend.

Den trefflichen Männern, die mit Ihnen zu verwandten Zwecken hinarbeiten, bitte mich bestens zu empfehlen. Herrn Beuth habe ich neulich ein Anliegen eröffnet, das sich so nah an Ihre Kunst anschließt, daß Ihre Mitwirkung unentbehrlich ist. Interessirte sich mit Ihnen Herr Tieck dafür und fände auch Herr Beuth die Sache von Bedeutung und möchte sie wie ich wirklich als eine Weltangelegenheit [242] ansehen, so wäre alles gewonnen. Soviel darf man sich sagen: es geschehe Heilsames und Folgereiches gethan. Ich habe die Wichtigkeit des Unternehmens nach Gefühl und Überzeugung darstellt und so darf ich wohl hoffen daß sich irgendwo ein gleiches Interesse hervorthun werde; ich mag mich aber umsehn wo ich will, außer Berlin scheint mir was nöthig wäre, und es käme nur darauf an daß es lebendig zusammenwirkte.

Verschweigen kann ich jedoch nicht daß ich mir manchmal selbst hiebey wunderlich vorkomme, denn ich finde mich fast zum ersten Mal auf propagandistischem Wege. Sonst stellte ich meine Überzeugungen hin und ließt sie gewähren; dießmal möcht ich sie lebendig durchgeführt sehen. Es scheint, das Alter wird ungeduldig durchgeführt sehen. Es scheint, das Alter wird ungeduldig, wo die Jugend langmüthig war.

Unser wackrer Coudray empfiehlt sich mit mir allen dort werthen Thätigen, und so auch Herrn Schinkel. Da wir die architecktonischen Werke in ihrer imposanten Größe nicht beschauen können, so halten wir uns an bildliche Darstellungen und an das was durch das Wort zu überliefern ist.

Auch bewundern wir jetzt die Anordnung wegen des Baufachs und dabey die Übersicht aller Forderungen so wie die Strenge der Bedingungen, denen [243] sich die Anzustellenden zu unterwerfen haben. Bey einer so weitgreifenden Staatsanstalt ist es freylich unerläßlich, Anmaßung und Pfuscherey möglichst zu entfernen.

Hier aber muß ich schließen, mich zu freundlichem wohlwollendem Andenken bestens empfehlend, weil ich schon befürchten muß, unsre Frauenzimmer möchten diesem Spätling vorgeeilt seyn.

Vorzüglich hochschätzend,

Treulichst theilnehmend

Weimar den 20. Februar 1832.

J. W. v. Goethe.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1832. An Christian Daniel Rauch. An Christian Daniel Rauch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9270-B