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An Johann Friedrich Cotta

[Concept.]

[1. October.]

Ew. Wohlgebornen

beyde freundliche Briefe beantworte ich zur guten Stunde: denn indem mein Sohn August seine Her Reise zurückgelegt hat, so ist das kleine nunmehr vollendete Werk eben in Begriff die Hinreise nach Leipzig zu machen.

Ich hatte jenem ganz überlassen etwa durch einen Umweg in seine Heimath zurückzukehren. Er hat es aber für vortheilhafter geachtet sich nicht zu zerstreuen, [98] sondern ist gerade durch Franken nach Hause gegangen. Indessen wer weiß wie bald er Anlaß findet von Ihrer gütigen Einladung, bey Ihnen einzukehren, Gebrauch zu machen.

Inzwischen nehmen Sie von mir den besten Dank, daß Sie ihn zuletzt noch hinreichend haben ausstatten wollen, weshalb ich Ihr Schuldner bleibe.

Die Aushängebogen des Romans werden nun bald in Ihren Händen seyn; und ich wünsche, daß diese beyden Bändchen zuerst Ihnen und dann dem Publicum Vergnügen machen. Es ist so manches hineingelegt, das wie ich hoffe den Leser zu wiederholter Betrachtung auffordern wird.

Mit Recht beklagen Sie sich, daß das Nachdrucks-Unwesen mit der lieben Preßfreyheit im österreichischen erst recht überhand nimmt. Ich darf Ihnen wohl im Vertrauen eröffnen. daß diese Materie bey dem großen Erfurter Zusammentreffen so vieler bedeutender Männer zur Sprache kam. Ich hatte zwey Hauptpersonen, den Fürsten Primas und den Grafen Bose, für meine Ansichten gewonnen, oder vielmehr es waren die ihrigen nur daß ich sie entschiedener aussprach. Schon hatte ich ein Promemoria verfaßt, Einleitung und Beystimmung war zugesagt, als mich glücklicher oder unglücklicher Weise ein Dämon beym Ärmel zupfte und mich bedenken ließ, daß es die Zeit nicht sey, sich in öffentliche Angelegenheiten zu mischen und daß man nur wohl lebe, indem man verborgen lebt.

[99] Denn aufrichtig gesagt: wer könnte es denn wohl den lieben Deutschen recht machen, die noch immer in ihren anarchischen Wust verliebt sind. So blieb die Sache liegen und ich fürchte nur, daß sie bey einzelnen Fällen zur Sprache kommt und alsdann etwas tumultuarisch behandeln werden wird.

Es ist mir sehr angenehm, daß ein Beytrag zu dem Damen Calender Ihnen willkommen gewesen. Ich will sehen ob ich Ihnen für den nächsten etwas ähnliches bereiten kann. Es thut mir leid, daß ich bey dieser und andern ähnlichen Ihrer Anstalten nicht beythätig seyn kann: denn beyräthig zu seyn will in solchen Fällen nicht viel heißen. Was ich dem Damen Calender vermisse, ist der geistreiche und heitre Theil, der doch eigentlich das Leben schmückt, und der in der großen wie in der kleinen Welt höchst gute Aufnahme findet. Ich will der Pichler, Lafontaines und Reinbecks Arbeiten nicht schelten, weil sie Verdienste haben: aber es geht doch durch alle etwas Tristes hindurch, das einen gewissen gedrückten Zustand andeutet und den Leser wo nicht niederzieht, doch gewiß nicht erhebt.

Jean Paul's Einfall ist recht gut, aber in der Ausführung spürt man wenig Geistreiches und der gute Geschmack möchte manches dabey zu erinnern haben. Auch die Gedichte scheinen mir zum größten Theil viel zu ernst und trocken.

[100] Solche artige kleine Dinge, die sich auf das gesellige galant beziehen in Prosa und Versen, wie Ihr Almanach des Dames enthält, sucht man hier vergebens, und doch manchen dergleichen, ohne eigentlichen poetischen Werth, immer eine anmuthige Wirkung.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1809. An Johann Friedrich Cotta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-929B-D