20/5695.

An den Herzog Carl August

Unterthänigster Vortrag.

Ew. Durchlaucht haben geruht, über ein Vorstellungs – Schreiben des Concertmeisters Destouches unterthänigsten Bericht zu erfordern, welcher hiermit schuldigst abgestattet wird.

Aus beyliegendem Acten-Fascikel werden Höchstdieselben zu ersehen geruhen, daß, nachdem Fol. 1 desselben gefällig gewesen, das Personal der Hof-Capelle in Disciplin, auch Directions- und oekonomischen Sachen der Theater-Commission zu untergeben, man Fol. 2 hiernach die damaligen Capell- und Concertmeister, Kranz und Destouches, gehörig zu instruiren nicht verfehlt. Da sich denn Fol. 3 Nr. 1 ergiebt, daß festgesetzt worden, kein Mitglied der Capelle dürfe ohne eine in der Hofmarschallamts-Canzley gesuchte und von der Fürstl. Theater-Commission erlangte Erlaubniß verreisen, wie denn Fol. 3b Nr. 5 die Einrichtung getroffen worden, daß, wer Urlaub erhalten hat, sich deßhalb bey dem Capell- oder Concertmeister zu melden habe.

Hierbey ist es denn auch bis jetzo geblieben und keine Vorstellung noch Einwendung deshalb laut geworden, wie denn noch vor Kurzem der jüngere Goetze, von Ihro Kaiserlichen Hoheit der Frau Erbprinzeß unterstützt, eines solchen Urlaubs nach Gotha genossen hat.

[301] Was also den Concertmeister Destouches veranlassen können, einer wohlbedachten und sehr zweckmäßigen Beurlaubung des jüngern Eberwein nach Berlin, sich auf die heftigste und umständlichste Weise zu widersetzen, lassen wir ununtersucht. So viel aber können wir nicht verhehlen, daß Herzogliche Commission sich Vorwürfe macht, diejenigen Corrections-Mittel gegen ihn nicht angewendet zu haben, die ihr in den Händen liegen, wenn Untergebene sich auf eine so auffallende Weise vergessen. Der junge Eberwein ist inzwischen nach Berlin abgereis't und wir hoffen, durch eine im Stillen vorbereitete Einrichtung und Anstalt, wenn sie sich in der Folge bewährt, Ew. Durchlaucht gnädigsten Beyfall zu erlangen.

Daß übrigens Fürstl. Commission mancherley bey dem Orchester eingeschlichene Mängel und Fehler recht gut kennen und denenselben abzuhelfen wünscht, ergiebt sich aus einem Aufsatz beyliegender Acten Fol. 19 seq. Es ist zwar diese Verordnung obgleich wohl überlegt, und bedächtig abgefaßt, nicht ausgefertigt worden, sondern ruht nun schon beynahe ein Jahr. Auch bey der neuen Commissarischen Einrichtung hat man diese Gegenstände nicht unbeachtet gelassen und wird gedachtem Aufsatze noch manches in der Folge hinzufügen können, wenn die Plane sowohl das Theater als das Orchester betreffend bey Ew. Durchlaucht eingereicht werden.

Da wir jedoch auf alle Instructionen und Verordnungen [302] weit weniger Zutrauen setzen, als auf die Art, wie die Commissarischen Geschäfte seit dem neuen Jahre verhandelt werden; so ist die Absicht, es von nun an mit dem Concertmeister so wie mit dem jetzigen Regisseur zu halten, als mit welchem er durchaus in Parallel zu setzen ist.

Diese ist nämlich verpflichtet, Donnerstags bey jeder Session zu erscheinen, zu vernehmen, was man von Seiten Fürstlicher Commission anzuordnen habe, und zu referiren, was ihm die Woche über, in seinem Geschäft, Förderliches oder Hinderliches begegnet.

Auf gleiche Weise wird der Concertmeister Destouches künftig angehalten werden, bey jeder Session zu erscheinen, da denn alles, was bey der Capelle nützlich oder förderlich seyn könnte, besprochen, und, damit ihm ja keine Entschuldigung in Ausübung seiner Pflichten übrig bleibe, auch über vorkommende Urlaubsfälle, ob man sie gleich bey Fürstlicher Commission genugsam selbst zu beurtheilen weiß, sein Gutachten vernommen werden kann. Eine Einrichtung, die schon stattgefunden hätte, wenn nicht seine Reise nach Magdeburg und Braunschweig und seine gleich darauf ausgebrochene strafwürdige Unart ein Hinderniß dazwischen gestellt hätte.

Unsere Arbeit ist nun bis zu der achten Session gediehen und die ältern Mitglieder der Commission freuen sich, an einem neuen erst hinzugetretenen, einen Zeugen zu finden, wie schwer die theatralischen Angelegenheiten [303] in eine ordentliche Geschäfts- und Canzleyform einzulenken sind. Doch wird sich in der Continuation alles thun lassen, wenn Ew. Durchlaucht die Gnade haben, diese ganz nach Ihro uns bekannt gewordnen Absichten angelegten Anfängen mit Nachsicht zu betrachten und mit Huld zu behandeln; besonders auch Fürstliche Commission bey ihrer hergebrachten und zu nachdrücklicher Führung eines bedenklichen Geschäfts unerläßlicher Autorität gnädigst zu schützen.

Weimar

Ew. Herzogl. Durchlaucht

am 25. Febr.

unterthänigst treugehorsamste

1809.

Hof-Theater-CommissionJ. W. v. Goethe. Fr. Kirms. L. Kruse. [304]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1809. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-92B1-A