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An Carl Fürst Lichnowsky

[Concept.]

[16. October]

Ew. Durchlaucht

hätten schon längst einen Brief von mir erhalten sollen, und ich kann dieses Versäumniß kaum entschuldigen; doch darf ich anführen, daß mein Aufenthalt in Teplitz sehr unruhig und meine Rückreise [427] über Dresden und Freyberg sehr zerstreuend gewesen; so wie ich auch die ersten Tage meines Hierseyns nicht von mir selbst abhing.

Nun sende ich aber ein Verzeichniß der vorzüglichen deutschen Dichter mit den dazu gefügten Preisen ihrer Werke. Es wäre freylich wünschenswerth, daß die Original Ausgaben in einer so edlen Bibliothek aufgestellt würden.

Anfangs gedachten wir eine Art von räsonnirtem Catalog zu senden, welcher zugleich die Geschichte unserer Poesie in der neuen Epoche enthalten sollte, allein dieß führte zu weit und war hauptsächlich Ursache, daß unsere Schuldigkeit Ew. Durchlaucht zu dienen sich verspätete. Wir wünschen daß Beykommendes von einigem Nutzen seyn möge und daß unsere Verzeihung von Ihrer Güte schon gewährt sey.

Was den zweyten hohen Auftrag betrifft; so bin ich darin noch weniger glücklich gewesen. Schon die meisten Capitalien sind durch die Landesanleihen aufgezehrt, welche veranstaltet wurden, die Contribution zu bezahlen und die Kriegskosten zu decken. Auch sind noch immer gegenwärtig, theils Particuliers, theils Corporationen, beschäftigt ihren Credit zu erweitern und sich durch größere Anleihen aus kleinen drückenden Schulden und Verhältnissen herauszureißen. Bey uns hat nun gar das große Eisenachische Unglück eine ungeheure Wunde geschlagen, welche so manche Kräfte aufzehrt ohne dadurch geheilt zu werden.

[428] Eben so nehmen im Königreich Sachsen große eröffnete Anleihen alles baare, noch allenfalls niedergelegte Geld weg, so daß ich wenig Hoffnung habe, Ew. Durchl. Wünsche erfüllt zu sehen. Sollten Ew. Durchlaucht indessen räthlich finden, den Gedanken weiter zu verfolgen, so würde ein etwas umständliches Promemoria, das man z.B. dem Fregischen Hause in Leipzig communiciren könnte, wohl der erste Schritt zu einem neuen Versuch seyn. Mehr füge ich nicht hinzu, als die Versicherung, daß Ew. Durchl. der Herzog soeben den Charakter als Cammerassessor zuerkannt, empfiehlt sich zu Gnaden und hofft dereinst eine günstige Aufnahme. Sie verzeihen, daß ich mich einer fremden Hand bediene. Es ist Dr. Riemer der schreibt und die Gelegenheit ergreift für so manches Gute und Erfreuliche zu danken. Ich aber habe die Ehre mich mit vollkommener Verehrung zu unterzeichnen.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Carl Fürst Lichnowsky. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-92D0-4