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An Peter Christian Wilhelm Beuth

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

haben in meine Umgebung abermals eine große Anmuth gebracht, indem Sie mir einen authentischen Abguß des erwünschten Basreliefs übersenden wollen. Die Abbildungen in Winckelmanns Monumenti inediti, so wie in den englischen Terracotta's erscheinen nunmehr wie Übersetzungen, zwar alles Dankes werth, indem sie uns den Begriff überliefern, aber die eigentliche Nähe des Originals gibt denn doch erst das wahre Gefühl und den ursprünglichen Eindruck. Wir stehen schon eine Stufe näher an jenem ersten Gebilde, wornach dieses Thonwerk gefertigt seyn mag, wer weiß in wie vielen Abstufungen.

Nicht weniger habe ich in diesen Tagen meine Umgebung bereichert durch den Abdruck der Gemmen des Stoschischen Cabinets. Die liberale Vergünstigung, die dem guten Reinhardt geworden, bleibt ein übergroßes Geschenk für die Kunstfreunde, denn in den kleinen Räumen dieser Gemmen sind uns offenbar Nachbildungen wichtiger älterer Kunstwerke geblieben und bey ihrer Betrachtung weht ein belebender Geist über die endlosen Trümmer.

Gleicherweise wird mir ein Abguß des Bronze-Medaillons von Hawkins höchst erfreulich seyn. [274] Jugend gegen Jugend in der schönsten Fülle ruht hier gebildet, was für Namen auch man den Figuren geben mag. Sie versetzen uns in eine Zeit, die wir, wie alles Ideelle, in und außer uns zu reproduciren alle Ursache haben.

Die Weimarischen Kunstfreunde bemühten sich indessen aus den Fluthen des Lethe, der so manches überspült, Motiv und Anordnung eines alten Kunstwerkes zu retten und solches nach Möglichkeit vorerst wieder herstellen zu lassen. Ein Basrelief, von unserm guten Kaufmann hiernach ausgeführt, erhalten Dieselben in einiger Zeit. Es wird für sich selbst sprechen, allein zugleich das Gefühl erregen, daß hier noch viel gethan werden müßte, um es der Höhe der Zeit, worin das Ururbild entstanden seyn mag, näher und näher zu bringen.

Auch hiedurch überzeugt, daß ich mich mit dergleichen Anliegenheiten immerfort beschäftige, werden Sie mir meine frommen Wünsche und kühnen Anforderungen gewiß verzeihen. Eine Anstalt aus der die Musterblätter hervorgegangen sind, und neulich noch die Amazone, welches Vertrauen flößt sie nicht ein! Und was ist denn das Gewerb, wenn es sich nicht als Gewand oder Schleier der besten Kunst legitimirt? So geschieht mir denn auch schon mehr als genug, daß Sie einen jungen Künstler zu einem neuen Admet senden wollen, dort findet ein reiner Sinn gewiß Myrons Kuh wieder.

[275] Ihro Königliche Hoheit der Kronprinz haben die Gnade gehabt, mir einen Abguß in Bronze eines in den Niederungen der Oder gefundenen kleinen Jupiters zu senden. Innerhalb des Piedestals steht der Name des geschickten Künstlers, Dinger aus Solingen, der auch Ihnen gewiß nicht unbekannt ist. Wie manches Erfreuliche geht uns von Berlin aus und warum hindern mich meine Jahre dort unmittelbar an dem Erwünschtesten Theil zu nehmen! Bey solchen Gefühlen und Wünschen überzeugen Sie sich, daß einige Figuren der Homerischen Apotheose, eines Kunstwerks, dessen ich mich nur im Allgemeinsten erinnere, mir höchst angenehm seyn werden.

Nun aber lassen Sie mich mit der Bitte schließen daß Sie ja Ihre schätzbaren Gedanken über diesen und jenen Kunstgegenstand mir nicht vorenthalten mögen; denn wie muß nicht eine ausgebreitete Erfahrung und thätiges Nachdenken Ihre Einsichten allerwärts erhöht haben!

Darf ich sodann bitten mich Herrn Professor Rauch vielmals zu empfehlen und zugleich mich einer fortdauernden Theilnahme genießen zu lassen.

Weimar den 23. Juli 1827.

[276]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1827. An Peter Christian Wilhelm Beuth. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-92EB-8