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An den Herzog Carl August

[Ilmenau, 4. May 1776.]

Wie mir's gangen ist müssen Sie gleich wissen, Sonnabend früh 11 Uhr schreib ich dies Ilmenau im Amthause. Ich bin keine sechs Stunden geritten, also wie sich's gehört, des Husars Pferd wollte nicht mehr fort gegen das Ende, und hinter Büchenloh auch mein's nicht mehr. Da kam ich in ein sehr spizzigs Nachtrieseln das grad vom Wald kam, und traf endlich glücklich betreckt ein. Der Brand war lange nieder, wie Sie einen Boten müssen gegen 7 Uhr gehabt haben. Ich muss die Anstalten die dabey vorgekehrt wurden rühmen, wie die Obern die Bereitwilligkeit und Ausdauer der Subalternen loben, eine Gasse mit dürren Schindeldächern wurde mit groser Arbeit gerettet, woran die Erhaltung des Oberntheils der Stadt, des Amt und Rathhauses hing, es sind nur geringe Häuser [56] und arme Leute verunglückt, die doch wenig gerettet haben, Bergleute Leineweber, Taglöhner.

Von dem Raub haben Sie nun den Bericht wohl gesehn. Man hat gestreift, nichts gefunden – die 6 Husaren sind heut eilfe hergekommen, durchs Arnstädtische visitierend. Und wollen morgen auf Frauenwalde ich will mit. Man trägt sich mit Historien vom Teufel, entkleideten Weibern, Drohungen, auf die Frauenwalder, es sollen vier hagere Kerls seyn, einer im rothen Rocke, und ein Schüler von Schleusingen soll da bey seyn, in Eisfeld haben sie einen erwischt sagt man – das mag denn nun seyn, wie die Gerüchte gewöhnlich.

Hernach hab ich noch eine Lecktion für Sie! – da ich so auf dem Weeg über Ihre allzugrose Hizze bey solchen Gelegenheiten dachte, dadurch Sie immer im Fall sind, wo nicht was unrechts doch was unnötigs zu thun und Ihre eignen Kräffte und die Kräffte der Ihrigen vergebens anzuspannen, drum hab ich auch Staffen und Wedeln gebeten zurück zu bleiben, da ich selbst mehr da bin um Ihnen vom Ganzen Nachricht zu geben und mich zu unterrichten als etwas zu nuzzen. Bey der Gelegenheit, zieh ich von manchem Erkundigung ein, habe traurig die alten Ofen gesehen. Aber die Gegend ist herrlich herrlich! –

NB. Es waren 19 Sprüzen und sehr treue Hülfe der Benachbaarten hie. Seyn Sie hübsch ruhig so viel's[57] seyn kann, leben Sie als homme de lettres und Privatmann, schonen Sie die Hüffte bey dem Wetter, hier ist schon den ganzen Morgen Schnee. Addio. Mein Andencken der Chère Mama. Seyn Sie mir lieb.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1776. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9314-2