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An Sara von Grotthuß
Wie sehr danke ich Ihnen, meine theuerste Freundinn, für das Vertrauen, das Sie hegen, daß ich an Ihnen und an allem, was Ihnen lieb und werth ist, Theil zu nehmen niemals aufhören werde. Ich will [34] nur bekennen, daß ich längst auf Nachricht von Ihnen gehofft habe. Aber auch das erkenne ich dankbar, daß Sie meinen Wunsch gegenwärtig erfüllen. Die Nachricht von Ihrer geliebten Schwester Befinden ist mir um so erfreulicher, als ich bisher darüber in einer peinlichen Ungewißheit bleiben mußte. Möchte doch Ihre Gegenwart auch Ihrem fürtrefflichen Gemahl eben so heilbringend seyn.
Sie gehorchen auch dießmal Ihrer zwar schweren, aber eben so edlen Bestimmung, mehr für andre als für Sich zu leben, dafür Sie aber auch mit Liebe und Achtung reichlich belohnt werden.
Ihre Güte, unter so vielen und dringenden Sorgen, auch meiner kleinen Wünsche zu gedenken, muß mir unschätzbar seyn. Mögen Sie mir den gehaltvollen Beytrag zu meiner handschriftlichen Sammlung, da diese Blätter wohl nur ein klein Volum haben, mit der reitenden Post schicken, wenn nicht irgend bald eine Gelegenheit ist, sie vielleicht durch einen Dresdner Badegast an mich gelangen zu lassen.
Die Einladung des Grafen Palffy beschämt mich; wie gerne möchte ich ihr gehorchen! Aber die Fähigkeit zu solchen Entschlüssen vermindert sich bey mir von Jahr zu Jahr, und ich kann es nicht mehr weiter bringen als meine Zeit unter Weimar, Jena und Carlsbad zu theilen. Lassen Sie es aber ja gelegentlich an dem schönsten Danke nicht fehlen.
Was meine Stücke betrifft, so hat Herr Generaldirector [35] Iffland das Geschäft gefällig übernommen, solche den Theatern, welche sie wünschen, zukommen zu lassen. Da er mit allen Bühnen in Connexion steht, so wird die Sache dadurch sehr erleichtert. Entschuldigen Sie mich also bestens, daß ich durch diese getroffene Verpflichtung mich an der unmittelbaren Erfüllung jener Wünsche gehindert sehe.
Empfehlen Sie mich Ihrem Herrn Gemahl angelegentlichst und lassen mich hier noch etwas von Sich vernehmen; bis zu Ende Juli trifft mich ein Brief noch immer bey den drey Mohren.
Riemer ist Weimar angestellt, er wird sich Ihres Andenckens herzlich freuen. An dem Schreiber des gegenwärtigen habe ich abermals einen unterrichteten thätigen Freund gewonnen.
Für immer der Ihrige
Goethe.