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An August von Goethe

1) Indem durch deinen Hofdienst die Haushaltungs-Casse einige Pause macht, so werde ich wohl thun, nächste Woche noch hier zu bleiben, besonders wenn Ottilie in der Stadt umher speist. demohngeachtet aber sende einige gute Stücke von einem Reh, wovon ich gebraten nichts verlange, aber wohl von einem Botentag zum andern ein gutes Huhn.

2) Von meinen schlechten Zuständen finde ich mich in den letzten Tagen recht leidlich wieder hergestellt, und da ich weiß wie es zusammen hängt, so darf ich mit einiger Aufmerksamkeit an eine gute Folge glauben.

3) Laß mich wissen wie es Herrn Kirms geht, diese feste Naturen brechen zuletzt auf einmal, im ganzen Geschäftswesen gäb es eine große Lücke.

4) Der Tod der Generalin fällt der guten höchst leidenschaftlichen Ziegesar höchst schmerzhaft.

5) Von manchen Seiten habe ich sehr angenehme und fördernde Briefe erhalten.

6) Das Bibliotheksgeschäft macht sich recht gut, es ist der sonderbarste Fall von der Welt, alles ist vorbereitet und klar, und von allen erwünscht was [315] man thun soll, und es ist gar nichts zu thun als daß man thut; wie ich in dem Niederlegender Mauer gleich das Symbol gegeben habe.

7) Lenz hat kostbare Sachen erhalten, leider mag man aber in dieser Kälte und Trübe sich mit dem Gestein in den Museumszimmern nicht abgeben. Sende mir also das Kistchen von Frankfurt. Kräuter legt das Verzeichniß hinzu; mit dem aufzusuchende Briefe hat es Zeit.

Die Nächte werden gar zu lang, und man muß etwas Sinnliches haben, um durch diese Finsternisse durchzukommen.

8) Wenn die Mahler aus den Zimmern heraus sind, so laß alles ruhen bis ich wieder komme, daß wir uns über die Vorhänge vereinigen; der Teppich wird ja ohnehin zuletzt und schnell gelegt.

9) Die Landschaft nach Tizian, das Original unsers Tellers, ist leicht zu finden, sie liegt auf dem Gestelle in der blauen Stube links gegen den Ofen zu. Kräuter wickelt solche auf eine der vorhandenen Stäbe und schickt sie mir wohl eingepackt herüber.

10) Herr Mawe ist höchst geehrt durch das Diplom, wir haben von ihm das Beste zu erwarten. Der Wintertag, der mir die Zinnstufen aus Cornwallis bringt, soll mit einem Stern bezeichnet werden. Überhaupt wird das ganze Studium so klar und consequent, daß ich hoffen kann, meine Ideen beynahe ohne mein Zuthun realisirt zu sehen.

[316] 11) Einen Aufsatz über da Abendmahl von Vinci und über die neuen bey Jagemann aufgestellten Acquisitionen werfe ich auch im Sinne hin und her. Ein Schema davon habe von Serenissimo mit Bemerkungen zurück. Sieh doch die Sachen auch an und sprich dich schnell darüber aus, in einer Viertelstunde dictirst du Kräuter alles was du darüber zu sagen hast.

12) Die Abende lade ich mir meistens jemanden ein, freylich keine zwey, denn das widerspricht sich gleich, und man kommt zu keinem Zweck.

13) Nun springe ich wieder in's Culinarische. Ihr erhaltet schöne Rapunticawurzeln. Laßt sie eine Weile liegen, frisch verbraucht sind sie giftig.

14) Deine Anweisung soll honorirt werden, die Quittung bringe ich unterschrieben mit.

15) Heute früh war Studiosus R. bey mir, der in der Wartburgsgeschichte eine bedeutende Rolle spielt. Es ist ein allerliebstes Wesen, wie die Jugend überhaupt mit allen ihren Fehlern von denen sie sich zeitig genug verbessert, wenn nur die Alten keine solche Esel wären, denn die verderben eigentlich das Spiel. Für die vielen kleinen Holzstöckchen sollte man Oken zu Ehren einen großen Eselskopf schneiden lassen, nur daß die Tafel nicht groß genug seyn könnte.

Nun gehe ich wieder in etwas Lieblicheres über; sage Ottilien: es gehen bey mir sehr anmuthige Bücher ein, welche dem Frauenverein zu widmen sind.

[317] Sende mir diese Blätter mit Noten an der Seite zurück, damit ich wisse, was gesagt und geschehen.

Und so möge das abgehen. Die besten Grüße und Wünsche.

Jena den 28. November 1817.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1817. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-937B-D