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An Christiane von Goethe

Jena d. 25. Octbr. 1808.

In Erwartung unsrer verehrten Herzoginn, welche heut herüberkommt, schreibe ich dir mein geliebtes Weibchen und freue mich daß es dir wohlgeht. Diesmal freylich ist es sehr angenehm daß ich soviel von dir erfahre, dancke deiner Gefährtinn dafür, und wünsche ihr einen recht hübschen gradgliedrichen Verehrer zum Schluß, damit sie von Franckfurt ungern scheide. Viel werth ist mir daß du schon fühlst für dich und mich finde sich dort kein Heil. Lass uns in Thüringen auf unserer alten Stelle verharren und unsre Gesellschaft nicht erweitern sondern ausbilden.

Einigemal hab ich Gesang gehabt. Die Göttingischen Freunde waren darüber sehr vergnügt. Eberwein ist noch nicht wieder zurück. Er fühlte den großen Vortheil jenes Aufenthalts und hat alles in Bewegung gesetzt, so daß der Hofkammerath mich selbst ersuchte ihn dort zu lassen. Um so nöthiger wirst du seyn daß nicht alles in Stocken geräth. [187] Laß dich aber dadurch und durch anderes in deiner Gemüthsruhe und deinen Franckfurter Geschäften nicht stören. Bringe alles schönstens zur Ordnung besuche August in Heidelberg, dancke seinen Freunden und Gewogenen und kehre über Würzburg und Bamberg zurück. Wenn du gut Wetter hast wird dir diese Tour viele Freude machen.

Wegen des Bürgerwerdens habe ich mich anders bedacht. Es war ja eigentlich nur ein Wunsch, eine Grille von mir und gegenwärtig ist es gar nicht nötig daß du und August euch besonders darum bewerbest. Ich dachte da Franckfurt jetzt einen Souverain hat; so könnte man über verschiedene Umständlichkeiten hinauskommen, wenigstens bey uns wäre alles mit Einem Federstrich des Herzogs abgethan, so aber setzt man dort die alten Reichstädtischen Förmlichkeiten fort, die uns diesmal inkommodieren. Lassen wir also die Sache hinhängen, biß ich vielleicht einmal persönlich den Fürsten darum ersuche. Was sollen wir Taufscheine produciren die von einer Seite das große Geheimniß Frauenzimmerlicher Jahre verrathen und von der andern mit den Trauscheinen nicht zusammenstimmen. Was sollen wir Gelder bezeugen die niemals da waren u.s.w. Herrn Landrath Schlosser schreibe ich beyliegend in gleichem Sinne. Er wird es ja auch wohl so gut finden. Man muß auch der Zukunft etwas überlassen.


[188] d. 26ten.

Durchl. die Herzoginn mit der Prinzess und sämtlichen Damen ihrer Umgebung war gestern bey schönem Wetter hier und alle ganz heiter und vergnügt. Wenn der obere Theil des Schlosses wird eingerichtet seyn kommen sie wohl öfter hierher. Kayser Napoleon hat manches für Jena bestimmt. Eine Summe zu Aufbauung der Häuser, zu Einrichtung einer katholischen Kirche und so weiter. Glücklicherweise sind dagegen alle Feste die man bey uns gegeben sehr anständig und erfreulich ausgefallen. Auf dem Napoleonsberge ist ein sehr artiger Saal mit einer Säule Vorhalle, wie am römischen Hause, gebaut. Leider siehst du das nicht denn er wird abgetragen.

Nun etwas von Freunden! Der Bremische hat an deinen Bruder einen weitläufigen Brief geschrieben, woraus erhellet daß er völlig entschieden ist nach Weimar zu ziehen. Rechte Freude kann ich nicht daran haben. Er thut es um wohlfeiler zu leben. Das wäre recht gut wenn er irgendwo wohlfeil leben könnte. Vom Übrigen sag ich nichts, du weißt was davon zu dencken ist. Doch muß man es kommen lassen und ihm beyhülflich seyn. Geheimrath Voigt hat gerathen, er solle erst allein kommen, seine Verhältnisse arrangieren und sodann erst Frau und Sachen hohlen. Schicke deine Briefe nur vor wie nach. Diese Tage geh ich zurück. Lebe wohl. Liebe mich recht [189] schön und sey versichert daß ich mich recht ungeduldig nach den Schlender- und Hätschelstündchen sehne.

August schreib ich nächstens.

G.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1808. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9459-2