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An Charlotte von Stein
Barchfeld Sonntags d. 9. Dez. 81.
Hierher verschlagen meine liebe, wendet sich meine Seele wieder zu dir. Als ich nach Wilhelmsthal kam, war der Herzog im Begriff hierher zu gehen und ich folgte.
Die gute Prinzess Wilhelmine seh ich denn auch verheurathet, und vergnügt. Sie lieben sich und ich gönn es ihnen von Herzen.
Hier hängt ein schlecht Pastellbild das dir gleicht wenn man den Mund zudeckt, alle Leute haben es gefunden und ich auch. Nur scheute ich mich es zu sagen als man mich fragte, denn ich dachte wenn es etwa andern anders vorkäme; so würde man sagen ich fände dich überall.
Stein ist gar gut. Er hat mir nur gutes von seinem Schwager erzählt.
Eisenach. Montags d. 10. Abends.
In Barchfeld ward mir die Zeit sehr Breit, um nicht zu sagen lang. Ich will doch, wenns möglich ist, spielen lernen, nur um solcher Stunden willen. [234] Auch da hielt ich mich am Gedancken deiner Liebe Wenn ich auch etwas anders dencke, so hat meine Seele tausend Assoziationen um deine Erinnerung anzuknüpfen, und wenn ich noch so weit entfernt scheine, so hab ich schon wieder eine weile an dich gedacht eh ich's bemercke.
Beykommender Brief wird dich ergözen, weil er vom Wohlwollen der Menschen gegen den deinigen meldet. Der Mineralogische Theil ist wohl nicht für dich. NB meine einzige Beute von Barchfeld, ist eine köstliche Stufe, die ich dir auf Verlangen vorzeigen und den Werth erklären werde.
Unter uns gesagt die Lavas von Butspach sind sehr schön.
Hier in Eisench hab ich mich von allem losgemacht um mir und dir zu seyn.
Stein ist bey seiner Schwester, und wird den Herrn Schwager sehr werth kriegen, der im Grund und auf der Oberfläche sicher ein Schufft ist.
Es wird mir recht natürlich Steinen gefällig zu seyn und ihm leben zu helfen. Ich bin es dir schuldig, und was bin ich dir nicht ieden Tag und den deinigen schuldig. Was hilft alle das kreuzigen und seegnen der Liebe wenn sie nicht thätig wird. Führe mich auf alles was dir gefallen kann ich bitte dich, denn ich fühls nicht immer.
Die Gunst die man mir in Gotha gönnt macht viel Aufsehn, es ist mir lieb um meinetwillen und [235] um der guten Sache willen. Es ist auch billich daß ich durch einen Hof wieder erhalte, was ich durch einen Hof verlohren habe.
Denn mein Passiv Wesen bisher war nicht genug, und die öffentliche Gleichgültigkeit der unsrigen gegen mich bey meiner Eingezogenheit, hat wie ich mercke im Publiko auch die nothwendige Sensation gemacht. Es bleibt immer gewiss, dieses so geehrte und Verachtete Publikum betrügt sich über das einzelne fast immer und über das ganze fast nie.
Grüse Ernsten und Fritzen, und grüse wenn du kannst dich selbst mit einem Gruse von mir.
Der Herzog ist vergnügt und gut, nur find ich den Spas zu theuer, er füttert 80 Menschen in der Wildniss und dem Frost, hat noch kein Schwein, weil er im freyen hetzen will, das nicht geht, plagt und ennuirt die seinigen, und unterhält ein Paar schmarutzende Edelleute aus der Nachbarschafft die es ihm nicht dancken. Und das alles mit dem besten Willen sich und andre zu vergnügen. Gott weis ob er lernen wird, daß ein Feuerwerck um Mittag keinen Effeckt thut. Ich mag nicht immer der Popanz seyn, und die andern frägt er weder um Rath noch spricht er mit ihnen was er thun will. Ich hab ihn auch nur Augenblicke gesehen.
Ich bitte Gott, daß er mich täglich haushälterischer werden lasse um freygebig seyn zu können es sey mit Geld oder Gut, Leben oder Todt.
[236] Eisenach d. 11ten Dienst.
Hier muss ich schliesen und von dir Abschied nehmen.
Ich fahre nach Willhelmsthal. und gehe wohl morgen auf Gotha wo ich einige Tage bleibe.
Du hörst noch von mir.
ich hoffe Briefe von dir zu finden und zu hören daß du wohl bist. Manchmal überfällt mich eine Angst du seyst kranck. Adieu du liebe meine.
G.