10/2945.
An Christiane Vulpius
Ich habe dir schon viele Briefchen geschrieben und weiß nicht wenn sie nach und nach bey dir ankommen werden. Ich habe versäumt die Blätter zu numeriren und fange jetzt damit an. Du erfährst wieder daß ich mich wohl befinde, du weißt daß ich dich herzlich lieb habe. Wärst du nur jetzt bey mir! Es sind überall große breite Betten und du solltest dich nicht beklagen wie es manchmal zu Hauße geschieht. Ach! mein Liebchen! Es ist nichts besser als beysammen zu seyn. Wir wollen es uns immer sagen wenn wir uns wieder haben. Dencke nur! Wir sind so nah an Champagne und finden kein gut Glas Wein. Auf [17] dem Frauenplan solls besser werden, wenn nur erst mein Liebchen Küche und Keller besorgt.
Sey ja ein guter Hausschatz und bereite mir eine hübsche Wohnung. Sorge für das Bübchen und behalte mich lieb.
Behalte mich ja lieb! denn ich bin manchmal in Gedancken eifersüchtig und stelle mir vor: daß dir ein andrer besser gefallen könnte, weil ich viele Männer hübscher und angenehmer finde als mich selbst. Das mußt du aber nicht sehen, sondern du mußt mich für den besten halten weil ich dich ganz entsetzlich lieb habe und mir ausser dir nichts gefällt. Ich träume oft von dir, allerley konfuses Zeug, doch immer daß wir uns lieb haben. Und dabey mag es bleiben.
Bey meiner Mutter hab ich zwey Unterbetten und Küssen von Federn bestellt und noch allerley gute Sachen. Mache nur daß unser Häußchen recht ordentlich wird, für das andre soll schon gesorgt werden. In Paris wirds allerley geben, in Franckfurt giebts noch ein zweytes Judenkrämchen. Heute ist ein Körbchen mit Liqueur abgegangen und ein Päcktchen mit Zuckerwerck. Es soll immer was in die Haushaltung kommen. Behalte mich nur lieb und sey ein treues Kind, das andre giebt sich. Solang ich dein Herz nicht hatte was half mir das übrige, jetzt da ichs habe möcht ichs gern behalten. Dafür bin ich auch dein. Küsse das Kind, Grüße Meyern und liebe mich.
Im Lager bey Verdün. d. 10. Sept. 1792.
G. [18]