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An Friedrich Schiller

Geschäfte und Zerstreuungen bringen immer wieder neue Geburten ihrer Art hervor, so daß ich mich fast entschließen möchte nur auf einen oder ein Paar Tage zu Ihnen hinüber zu kommen, weil ich noch keine ruhige Zeitfolge vor mir sehe.

Gestern haben wir eine neue Oper gehört, Cimarosa zeigt sich in dieser Composition als einen vollendeten Meister, der Text ist nach Italiänischer Manier, und ich habe dabey die Bemerkung gemacht: wie es möglich wird daß das alberne, ja das absurde sich mit der höchsten ästhetischen Herrlichkeit der Musik so glücklich verbindet. Es geschieht dieses allein durch den Humor, denn dieser, selbst ohne poetisch zu seyn, ist eine Art von Poesie und erhebt uns seiner Natur nach über den Gegenstand. Dafür hat der Deutsche so selten Sinn, weil ihn seine Philisterhaftigkeit jede Albernheit nur ästimiren läßt, die einen Schein von Empfindung oder Menschenverstand vor sich trägt.

Hier schicke ich eine eigne Erscheinung, eine Ankündigung daß ein letzter Abkömmling der alten Nürnberger Meistersänger eine Auswahl seiner Gedichte herausgeben will. Ich kenne schon manches von ihm und habe leider versäumt ihn in Nürnberg selbst zu sehen. Er hat Sachen gemacht von Humor und Natürlichkeit, die leicht ins reinere Deutsch zu übersetzen wären [49] und deren sich niemand schämen dürfte. Wir erhalten das Buch durch Knebeln wenn es herauskommt.

Dieser Freund ist nun wieder in Ilmenau angelangt, seine Schöne wird in wenig Tagen abreisen, um ihm das Joch der Ehe auf den alten steifen Nacken zu legen. Da ich ihm herzlich gut bin so wünsche ich ihm zu diesem Untersagen das möglichste Glück.

Von allem übrigen bald auf ein oder die andere Weise mündlich. Leben Sie recht wohl und grüßen Ihre liebe Frau.

Weimar 31. Jan. 1798.

G.


Könnten Sie nicht gelegentlich erfahren ob Justizrath Boie die Sechs Bände meiner neuen Schriften erhalten hat, die ich ihm, mit Dank für Cellini, schon am 6. Juni gesendet habe, bis jetzt vernahm ich noch nichts von ihm.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-94CC-D