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An Friedrich Schiller

Ich bin, um mit Lieutenant Wallen zu reden, so zu sagen in Verzweiflung daß Sie dießmal an unsern[124] Theatralischen Abentheuern keinen Antheil nehmen können, sowohl weil Sie eines hohen Genusses entbehren, als auch weil alles zur Sprache kommt was uns im dramatischen Fache interessiren kann, und worüber man doch nur eigentlich mit dem sich zu unterhalten im Stande ist der das unmittelbare Anschauen davon gehabt hat.

So war gestern eine äußerst interessante Repräsentation. Pygmalion macht Anspruch an die höchste theatralische Würde und Fülle, und so wie Iffland den Wallen nimmt ist es die personificirte Welt-Leerheit, durch einen Pudelnärrischen Humor ausgestopft und ausgestattet. Was er in beyden Rollen geleistet hat wird durch keine Worte auszudrücken seyn; doch müssen wir abwarten was Freund Böttiger leisten wird. Mündlich geht es eher an daß man darüber sich einigermaßen erkläre.

Montag wird Benjowsky seyn, Mittwoch der taube Apotheker, was er Donnerstags zum Schlusse giebt, weiß ich noch nicht. Sobald er fort ist eile ich mein Haus zu bestellen um wieder bald bey Ihnen zu seyn.

Für Cottas Erklärung danke ich, doch halte ichs für besser, ehe man sich näher bestimmt, ein paar Bände Manuscript völlig rein fertig zu haben. Was einen etwas mannigfaltigern Inhalt betrifft, darüber habe ich schon selbst gedacht, es wäre eine Gelegenheit manches, wo man sonst nicht mit hin weiß, anzubringen und was dem Buchhändler nutzt, nutzt auch [125] in jedem Sinne dem Autor: wer gut bezahlt wird, wird viel gelesen, und das sind zwey löbliche Aussichten.

Ebenso will ich meinen Faust auch fertig machen, der seiner nordischen Natur nach ein ungeheures nordisches Publikum finden muß. Freund Meyer wird es auch für keinen Raub achten zu dieser barbarischen Production Zeichnungen zu verfertigen. Wir haben den Gedanken die Umrisse auf graubraun Papier drucken lassen und sie alsdenn auszutuschen und mit dem Pinsel aufzuhöhen, eine Operation die vielleicht nirgends so gut und wolfeil als hier gemacht werden könnte. Es sollen bald einige Versuche der Art zum Vorscheine kommen.

Ich will nun auch Freund Humboldt antworten und ihn besonders ersuchen mit Brinkmann einen prosodischen Congreß über Herrmann und Dorothea zu halten, so wie ich Ihnen noch mehr dergleichen Fragen im allgemeinen vorzulegen gedenke.

Indem Sie nur der Ilias erwähnen fühle ich schon wieder ein unendliches Verlangen mich an jene Arbeit zu machen, von der wir schon so viel gesprochen haben. Hoffentlich gelingen mir dieses Jahr noch ein paar Gesänge, indessen muß man alle Chorizonten mit dem Fluche des Bischofs Ernulphus verfluchen, und wie die Franzosen, auf Leben und Tod, die Einheit und Untheilbarkeit des poetischen Werthes in einem seinen Herzen festhalten und vertheidigen. Leben [126] Sie recht wohl. Ich muß mich schon wieder anziehen, weil die Zeit eines musikalischen Frühstücks herannahet. Die schönen Morgen sind diesen Festen günstig, da auch der Garten von der Gesellschaft mit genossen werden kann, denn fast ist mein Haus vor den Zufluß zu klein.

Grüßen Sie Ihre liebe Frau und schicken Sie uns dieselbe wenigstens Montags.

Übrigens darf ich wohl mit einigem Triumph bemerken daß ich, als Impresar, richtig gerechnet habe. Denn ohnerachtet der erhöhten Preise ist das Haus noch immer voller als das vorigemal gewesen, so daß wir, wenn es so fortgeht, diesmal auf die sieben Vorstellungen fast so viel als auf die vorigen vierzehen einnehmen. Sollte Schröder kommen, so kann man aufs doppelte gehen und selbst wenn Iffland künftig wieder kommen sollte, steigre ich wieder, denn das Geld wird immer noch wolfeiler werden. Leben Sie nochmals recht wohl, genießen Sie der schönen Tage in der Stille, indeß ich noch acht recht unruhige auszudauern habe. Indessen wirds auch im Saalthale recht schön grün und wir beginnen unser altes Leben.

Weimar am 28. April 1798.

G. [127]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-94E5-4