9/2905.
An Krako (Andreas Dietrich Einer)
[14. März.]
Sie äußerten mir in Ihrem Billet, in welchem ich die Gesinnungen eines wohldenkenden Mannes erkenne, den Wunsch unser Theater Michaeli zu verlassen und den Vorsatz der Schauspielkunst gänzlich zu entsagen. Sie führen Ihre Gesundheits-Umstände an, die ich kenne und bedaure. Mit eben der Offenheit will ich Ihnen zugestehen: daß ich wünschte Sie möchten noch so viel Muth und Lust fühlen bis Ostern bey uns auszuhalten.
Ich würde Ihnen Ihre Existenz auf alle mögliche Weise zu erleichtern suchen, wenn Sie nicht selbst dazu Trieb fühlen sollten, Ihnen von den älteren Rollen diejenigen auf Michaeli abnehmen, welche sie selbst abzugeben geneigt sind. Sie würden alsdann nur in solchen Rollen auftreten, die ganz für Sie passen und die Sie völlig in Ihrer Gewalt haben, Sie würden seltener aber mit mehr Ruhe und Zufriedenheit erscheinen.
[294] Ich glaube diese Bedingungen gegen den Hof und das Publikum verantworten zu können und fürchte nicht getadelt zu werden, wenn ich einen beliebten Schauspieler auf diese Weise länger zu erhalten und ihm seinen Rückzug vom Theater bequemer und ehrenvoller zu machen suche. Sollten Sie sich aber in einer Lage befinden in welcher es Ihnen lästig wäre auch unter diesen Bedingungen auszuharren, so würde ich Sie nach Ihrem Wunsch, obgleich ungern, von einem Contracte lossprechenden man nicht mit Lust und Freudigkeit erfüllt.
Ich wünsche ohne weitere Rücksichten, daß Sie den Weg erwählen mögen der zu Ihrem Besten führt.
Goethe.