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An Johann Georg Neuburg

[Concept.]

Ew. Wohlgeboren

dießmal zu begrüßen, und mich nach Ihren und der werthen Ihrigen Wohlbefinden zu erkundigen, veranlaßt mich eine sonderbare Naturerscheinung, von der uns die Zeitungen Nachricht ertheilen. Es soll nämlich im Odenwalde eine Frau befindlich seyn, an deren Stirn sich wiederholt hornartige Auswüchse zeigen; dieses haben sogar bey uns eingetroffene Personen, die solche in Frankfurt wollen gesehen haben, versichert, nach deren Zeugniß denn dergleichen Auswuchs [141] dem Gehörn eines Rehbocks ähneln soll. Auch sagen sie, ein solches Horn falle in gewisser Zeit ab und ein neues entstehe wieder.

Diese sonderbare Nachricht hat unsere Naturforscher, und an deren Spitze unsern gnädigsten Herrn den Großherzog, aufmerksam gemacht, welcher mir deshalb aufgetragen nähere Erkundigung einzuziehen.

Nun wüßte ich mich nicht besser als an Ew. Wohlgeboren und die werthe Naturforschende Gesellschaft in Frankfurt zu wenden, mit der Bitte: uns eine nähere der Wissenschaft gemäßere Notiz von diesem Phänomen zu ertheilen; auch zugleich mir Nachricht zu geben: ob man, wenn ein solches Gewächs sich von der Haut ablöste, dasselbe, gegen einen geziemenden Preis, durch Ihre Vermittelung vielleicht erhalten könnte? Die Bedeutsamkeit des Falles, der eigene wißbegierige Antrieb und die höhere Veranlassung, vor allem aber Ew. Wohlgeboren erprobte Geneigtheit werden diesen Wunsch und die Bemühungen die er verursacht gefällig entschuldigen.

Der ich bey dieser Gelegenheit mich zu angenehmen Gegendiensten bestens empfehlend mit den aufrichtigsten Wünschen die theuren Ihrigen, die ich auch wohl die Meinigen nennen darf, zu begrüßen das Vergnügen haben.

Jena den 15. October 1821.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1821. An Johann Georg Neuburg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9571-2