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An den Herzog Carl August

Hier überschicke ich die Wünsche des alten Pflanzers, inwiefern sie erfüllen sind mag der Förster nachsehen. Sie werden dem ehrlichen Mandarinen jawohl die Stämmchen unentgeltlich verabfolgen laßen. Ich bin fleißig in Anatomicis und fleißig einige andre gute Lehren zu befolgen, auch habe ich Ihre Aufträge nicht versäumt. Schon habe ich ein Blat frommer öffentlicher und Privat Wünsche. Ich halte mich besonders an Griesbachs, welches sehr wackre, verständige Leute sind. Im Conzert, Club und überall suche ich jeden zu sprechen und ihm Zutrauen einzuflößen.

Die Gräfinn Pagda aus Prag ist angekommen, ihren Eyerstock Starcken anzuvertrauen. Ich habe sie [56] im Conzert gesehen und will sie morgen besuchen. Es ist eine Frau in mittlern Jahren, die wohl aussieht.

Die wiederhohlte Hierherkunft des Prinzen giebt den Einwohnern die Hoffnung, daß er dereinst einige Zeit hier zubringen könnte. Dieser Gedancke verbreitet eine besondere Heiterkeit, man vergleicht sich auch von dieser Seite mit Göttingen, welches die Englischen Prinzen besitzt, ich nähre diese Hoffnung auf eine bescheidne Weise. Sie würckt gewiß Gutes.

Leben Sie recht wohl und genießen der Tage. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Gemahlinn.

Jena d. 16. Nov. 88.

Goethe.


Hier ein Eroticon.
Weichet Sorgen von mir! – doch ach den sterblichen Menschen
Lässet die Sorge nicht loß, biß ihn das Leben verläßt.
Soll es einmal denn seyn; so kommt ihr Sorgen der Liebe,
Treibt die Geschwister hinaus, nehmt und behauptet mein Herz.

Ich höre mit Vergnügen daß Sie Sich Venten zueignen wollen, ich bin überzeugt daß Sie mit dieser Acquisition zufrieden seyn werden. Nur bitte ich, da er gegenwärtig durch seine Informationen sich auf [57] einen guten Punckt gebracht hat und ein ehrliebender Mensch ist, der auf eine bescheidne Weise vorwärts strebt, daß Sie ihn in utili und honorifico so setzen, daß er in Ihrer Nähe auch mit Freude arbeite und seinem künftigen Schicksal getrost entgegengehe. Leben Sie bestens wohl.

Ich fange noch einmal an, um zu melden daß wir in Drackendorf gewesen sind das Zigesarische Blut zu beschauen.

Die großgewachsnen Mädchen haben uns sehr in die Augen gestochen. Die jüngste wird eben konfirmirt und kann die Propheten nicht mercken, die mittelste ist würcklich ein Schatz, die ältste nähert sich schon der Mutter. Der Vicekanzler setzte das Capitel der Königlichen Aneckdoten: vom Haß gegen die Geistlichen, sehr lebhaft fort, als wenn des alten Königs Geist ihn angehaucht hätte, und wenn die Mädchen bey einigen Consistorial Geschichten auf die Teller schauten waren sie darum nichts häßlicher. Mutter, Töchter und Söhne werden uns beyde Hagenstolzen ehstens besuchen und wir werden bey Gelegenheit des Naturalienkabinets uns zu empfehlen trachten. Leben Sie wohl. Ich schäme mich vor Ihnen der Studenten Ader nicht, die sich wieder in mir zu beleben anfängt.

[58]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1788. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-958D-4