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An Gerhardt Wilhelm von Reutern

Ew. Hochwohlgeboren

haben durch die Sendung der vortrefflichen Aquarellen Ihr Andenken bey Ihren alten Freunden lebhaft angefrischt und sich neue dazu erworben. Denn was soll ich weiter sagen, als daß, so oft ich solche vorzeigte, mein lebhafter Wunsch war, Sie möchten unsichtbar gegenwärtig seyn, oder es ließe sich durch Registraturen und Protocolle Ihnen im Einzelnen der Beyfall wie die Vergnüglichkeit darstellen, die sich jederzeit bey'm Anblick der Blätter bewies und sich steigerte! Die große Wahrheit, die treue Behandlung der Theile, die anmuthige Übereinstimmung des Ganzen, alles wurde allgemein empfunden und sodann bemerkt. Genug, Sie würden sehr zufrieden gewesen seyn, zu sehen, daß dasjenige, was Sie ganz eigentlich für sich zu besonderster Erinnerung guter Tage in den bestimmtesten Localitäten gearbeitet, auch im Allgemeinen das gewünschteste Interesse hervorbringt.

Mögen Sie nun hinzudenken, daß ich, vielleicht als geübterer Kunstfreund, die Behandlung frey und bewundernswerth finde, unvergleichlich aber, wie ein gemüthlicher Antheil an der unschuldigsten Gegen wart durch eine vollendete Technik rein und klar hier ausgesprochen ist.

Schon längst wären diese schätzbaren Blätter zurückgekehrt, hätte ich nicht dem Vergnügen entgegengesehen, [282] sie einem Paar für Sie sich höchst interessirender Freundinnen vorzustellen; dieses ist gestern geglückt, und auch da hätte ich Ihnen gewünscht, die herzliche und zugleich einsichtig-enthusiastische Theilnahme, wie sie diesen Werken gezollt ward, zur schönsten Belohnung mitgenießen zu können.

Doch was sollen da viel Wort, wo Sie das gewissermaßen Unmögliche in der That geleistet haben; Sie werden auf diese Weise fortfahren und jedem Beschauer das Verlangen erregen, sein Liebstes ebenso charakeristisch genau und anmuthig, auch in der Abwesenheit vor Augen zu halten.

Gleichfalls für die Radirungen danke zum schönsten! Ihre Hand wird sich immer gleich bleiben, und Sie werden Technik und chemische Kräfte, die Ihnen dabey zu Hülfe kommen müssen, gar bald bewältigen lernen. Empfehlen Sie mich in Ihrem werthen Kreise und behalten uns in freundlichem Andenken; dabey bleiben Sie überzeugt, daß jede fernere Mittheilung mit der aufrichtigsten Zustimmung wird begrüßt werden.

in treuster Theilnahme

Weimar den 3. Juni 1829.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1829. An Gerhardt Wilhelm von Reutern. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9594-1