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An den Herzog Carl August

Buttstädt d. 8. März 79 auf dem Rathhause.

Indess die Pursche gemessen und besichtigt werden will ich Ihnen ein Paar Worte schreiben. Es kommt mir närrisch vor da ich sonst in der Welt alles einzeln zu nehmen und zu besehen pflege, ich nun nach der Phisiognomick des Reinischen Strichmaases alle Junge Pursche des Lands klassifizire. Doch muss ich[20] sagen dass nichts vortheilhaffter ist als in solchem Zeuge zu kramen, von oben herein sieht man alles falsch, und die Dinge gehn so menschlich dass man um was zu nuzzen sich nicht genug im menschlichen Gesichtskreis halten kan.

Übrigens lass ich mir von allerley erzählen, und alsdenn steig ich in meine alte Burg der Poesie und koche an meinem Töchtergen. Bey dieser Gelegenheit seh ich doch auch dass ich diese gute Gabe der himmlischen ein wenig zu kavalier behandle und ich habe würcklich Zeit wieder häuslicher mit meinem Talent zu werden wenn ich ie noch was hervorbringen will.

Nach Weimar wär ich vorgestern gern gekommen, es war mir vor der Zerstreuung bange.

Lassen Sie das kleine menschliche Wesen nur erst ein bissgen herankommen. Die Umstände erziehen alle Menschen, und man mache was man will die verändert man nicht. Lassen Sie's nie an der väterlichen Sorgfalt mangeln dass wirs nur gesund erhalten, bis es eine Menschenstimme vernimmt, werden wir noch manches drüber zu dencken und zu reden veranlasst werden.

Gott gebe uns den äussern und innern Frieden, so wird Ihnen und Ihrem Land noch gut zu helfen seyn.

Ich habe mir allerley gemerckt lustigs und ernsthafftes das ich zu erzählen habe.

[21] Über diesem hat mich Knebel angetroffen der mir hat grosen Spas gemacht.

Leben Sie wohl. Er wird mehr erzählen. Morgen früh geh ich nach Allstädt.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1779. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9596-E