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An Friedrich Schiller

Jena am 5. Juli 1803.

Wegen dem Druck des verschiednen Zeugs, das ich in die Welt sende, bin ich hier, um, mit Frommann,[249] Abrede zu nehmen, der in seiner Sache gut eingerichtet ist und dem es an einem fütrefflichen Maitre en page nicht fehlt. Daher dieß Geschäft mit wenigem abgemacht ist.

Loder ist eben von Halle zurück gekehrt, wo er sich ein Haus gemiethet hat. Wenn ich mit ihm über seinen neuen Zustand spreche, so freut michs herzlich daß seine Würfel so gefallen sind. Welcher Lebemann möchte gern, wie wir andern wunderlichen Argonauten, den eignen Kahn über die Isthmen schleppen? das sind Abentheuer älterer, unfähiger Schiffahrer, worüber die neue aufgeklärte Technik lächelt. Versäumen Sie ja nicht sich in Halle umzusehen, wozu Sie so manchen Anlaß finden werden. Ob ich überhaupt komme? weiß ich nicht. Die noch drey brauchbaren Monate, nach meiner Weise, zu nutzen und das von Außen geforderte nothdürftig zu leisten ist jetzt mein einziger Wunsch.

Das Altdeutsche wiedererstandene Drama bildet sich, mit einiger Bequemlichkeit, um. Ich wüßte nicht zu sagen ob sichs organisirt, oder krystallisirt? welches denn doch zuletzt, nach dem Spachgebrauch der verschiedenen Schulen, auf eins hinauslaufen könnte.

Übrigens bekömmt es uns ganz wohl, daß wir mehr an Natur als an Freyheit glauben und die Freyheit, wenn sie sich ja einmal aufdringt, geschwind als Natur tractiren; denn sonst wüßten wir gar nicht [250] mit uns selbst fertig zu werden, weil wir, sehr oft, in den Fall kommen, wie Bileam, da zu segnen wo wir fluchen sollten.

Möge Ihnen viel Freude auf Ihrer Fahrt gewährt seyn; denn es ist für Sie doch immer eine große Resignation sich in das zu begeben was man Welt heißt. In das abgeschmackte, momentane Bruchstück, das recht artig wäre, wenn sie es nicht wollten für ein Ganzes gelten lassen.

Zu der Beylage jage ich nichts, weil sie sich selbst gewaltig ausspricht. Es ist Ihnen aber vielleicht in diesem Moment doch bedeutend genug.

Nur daß Sie körperlich nicht leiden mögen, wünsche ich, und wenns möglich ist daß Sie sich in der Bewegung des Strudels behaglich finden. Ich erwarte kein Schreiben von Ihnen, nur ein freundliches Willkommen, wenn wir uns wieder sehen, da ich manche Sonderlichkeiten werde zu erzählen haben.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1803. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-959A-6