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An Christian Gottlob Voigt

[Concept.]

Ew. Excellenz

erhalten hiebey den schuldigen Bericht wegen der akademischen Statute. Ich habe ihn einigemal umgeschrieben, weil es schwer war deutlich zu werden, nichts Unfreundliches zu sagen, und sich so kurz als möglich zu fassen. Ob ich zuletzt nicht vielleicht die Klarheit aufgeopfert habe, werden Sie selbst am besten beurtheilen.

Ich habe sogleich, schnellerer Förderung wegen, die Abschrift besorgt. Sollten Ew. Excellenz etwas zu erinnern finden, so ist die Mühe eines zweyten Mundums nicht groß. Ich enthalte mich aller Anmerkungen über die Nützlichkeit solcher Statutenhefte, da doch alles auf die Befolgung ankommt die sich niemand hier will gefallen lassen. Videatur die sehr schöne Bibliotheks-Ordnung von 1811 deren Haupt-Puncte sämmtlich übertreten werden, und es wird noch manchen Verdruß geben, bis man die einzelnen Herrn befolgen macht, was die Herrn sämmtlich beschlossen haben.

Erfreulicher war der mitgetheilte Brief. Wie sehr gönne ich dem rüstigen fleißigen Mann die Unterstützung, die ihm so liebevoll angedeiht, und die er zu belehrendem Genuß so treulich anwendet.

Ich bin sehr verlangend, was er mir über das Philostratische Werk sagen wird, das ich jetzt nach [183] meiner künstlerischen Weise behandle oder vielmehr dessen frühere Behandlung ich gegenwärtig wieder aufnehme und redigire.

Ganz gewiß wird eine kritische Bearbeitung des Textes manche Stelle aufklären und auch für den Künstler beleben.

Eben so erfreulich ist es mir wenn ich durch Ew. Excellenz und auch durch Ober-Baudirector Coudray vernehme, daß Hessens Bildung gelingt, daß er Glück und Gunst hat und beides verdient.

Eine Person auch nur dem Architekten ähnlich gebildet zu sehen habe längst gewünscht, da man mit Betrübniß gewahr wird wie seit dem ungeheuren Aufwand von Kunst und Geld, wodurch das fürstliche Schloß, wie es möglich ist, wurde, das Baukünstliche bey uns unter das gemeinste Handwerk hinunter gefunken ist, es verhält sich mit diesen Dingen wie mit den organischen Wesen, der Mensch wächst langsam aber verfault geschwind. Möge Coudray diesen Lazarus aus dem Grabe rufen ehe er noch mehr.

Auf das angekündigte Werk mit Gänse-Füßen, die Stimme des Zeit-Geistes an das deutsche Volk, bin ich sehr neugierig und enthalte mich aller voreiligen Bemerkung, aber soviel sieht man doch, daß es noch alt und wohldenkende Menschen giebt, die gelegentlich auch nicht schweigen werden.

[Jena] d. 25. May 1818.

[184]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1818. An Christian Gottlob Voigt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-95AC-D