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An Johann Gottfried Herder

[5. Juni?]

Daß ich von Constanz an dich nach Rom zu schreiben habe, ist wohl eine seltsame Sache, die mir noch völlig den Kopf verwirren könnte. Gestern Abend lese ich in der Vaterlandschronik, du seiest würklich mit Dalbergen verreist. Ich glaube es und ergebe mich drein, ob es gleich für mich ein sehr harter Fall ist. Reise glücklich und erbrich den Brief gesund, da wo ich in meinem Leben das erstemal unbedingt glücklich war. Angelika wird dir ihn geben. Vielleicht erhältst du zu gleicher Zeit noch einen; denn ich schreibe gleich, wenn ich nach Hause komme, und Ihr haltet Euch wohl auf.

Wenn Ihr einen Antiquar braucht, wie Ihr denn einen braucht, so nehmt einen Deutschen, der Hirt heißt. Er ist ein Pedante, weiß aber viel und wird jedem Fremden nützlich sein. Er nimmt des Tages mit einem Zechin vorlieb. Wenn Ihr ihm etwas mehr gebt, so wird er dankbar sein. Er ist übrigens ein durchaus redlicher Mensch. Alsdann suche einen jungen MalerBury }incontro Rondanini, den ich lieb habe, und laß dir die farbigen Zeichnungen weisen, die er jetzt nach Carrache macht. Er arbeitet sehr [378] brav. Mache, daß sie Dalberg sieht und etwas bestellt. Dieser junge Mensch ist gar brav und gut, und wenn du etwa das Museum oder sonst eine wichtige Sammlung mit ihm, zum zweitenmal, aber NB. allein sehen willst, so wird es dir Freude machen und Nutzen schaffen. Er ist kein großer Redner, besonders vor mehreren. Meyer, der Schweizer, ist, fürchte ich, schon in Neapel. Wo er auch sei, mußt du ihn kennen lernen.

Ich weiß nicht, ob ich mache oder träume, da ich dir dieses schreibe. Es ist eine starke Prüfung, die über mich ergeht. Lebe wohl, genieße, was dir bescheert ist. Einer meiner angelegentlichsten Wünsche ist erfüllt.

Wenn du nach Castell-Gandolfo kommst, so frage nach einer Pinie, die nicht weit von Herrn Jenkins' Haus, nicht weit vom kleinen Theater steht. Diese hatte ich in den Augen, als ich dich so sehnlich wünschte. Lebe wohl. Ich gehe zu den Deinigen, und will ihnen die Zeit deiner Abwesenheit verleben helfen.

G.


Wahrscheinlich wird Euch Hofrath Reiffenstein an einige Orte führen. Ich empfehle Hirten also zum Supplemente.

Moritzen mußt du auch sehen. Du wirst noch andere finden: Lips etc.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1788. An Johann Gottfried Herder. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-95C2-A