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An Philipp Christoph Kayser

W. d. 18. Octbr. 89.

Ihnen wie allen Freunden und Bekannten muß ich in diesem Augenblicke sagen: daß mein Leben bißher voller Zerstreuung war. Erst jetzt kann ich anfangen an meine Briefschulden zu dencken und ich erhalte Ihr Blat eben zu dieser Zeit. Es war mir sehr empfindlich Sie kranck zu wissen, und ich freue mich nun um desto mehr Ihres Wohlbefindens. Lassen Sie es an Bewegung nicht fehlen, es ist die beste Nachkur.

Über die Oper bin ich mit Ihnen gleicher Meynung. Wie das Werck jetzt liegt, geht die ungeheure Arbeit verlohren. Sie haben daran gelernt, und werden beym Umarbeiten wieder lernen. Vielleicht liese man gar die Recitation weg und die prosaischen Deutschen möchten den sanglosen Dialog deklamiren wie sie könnten. Es wäre mir um so angenehmer, als ich das Stück auf Ostern in dem siebenten Band meiner Schriften will drucken lassen. Man könnte zugleich die Anzeige thun und wenn Sie diesen Winter fleißig sind bald damit hervorrücken.

Was Ihre Röm. Nebenstunden betrifft; zu diesen[157] hat Breitkopf nicht übel nur möchte er etwas davon sehen. Schicken Sie mir etwas und ich will suchen wenigstens dieses Werck unterzubringen. Göschen läßt sich nichts ein wo er nicht unmittelbaren Gewinst sieht. Den Impresario sollen Sie haben. Bißher hoffte ich diesen Winter das Stück geben zu können, aber unsre Truppe ist zu schlecht besetzt. Haben Sie noch sonst etwas das Sie wünschen; so legen Sie nur gelegentlich ein Blättchen bey, wenn Frau Schultheß schreibt. Ich hoffe diesen Winter auch für Abwesende Freunde besser sorgen zu können.

Von Musick habe ich nichts neues noch merckwürdiges vernommen. Das heißt in dieser letzten Zeit. Zu Anfange des Jahrs machte mich Reichart mit Schultheß Athalie bekannt und trug mir den größten Theil der komponirten Claudine vor. Ehstens schicke ich einiges davon an Frau Schultheß.

Leben Sie hübsch wohl und bereiten Sich auf den Winter. Ich verändre mein Quartier und ziehe ins Jägerhaus. Es ist das letzte Gebäude vor dem Frauenthor auf der Reihe wo Wieland wohnt.

Nochmals Adieu.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1789. An Philipp Christoph Kayser. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-96AD-3