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An Charlotte von Stein

Indessen man in Weimar meiner so gnädigst und freundlich gedachte und von meinen romantischen Mittheilungen einen guten Nachklang empfand, ist es mir zum Eintritt hier gleich sehr übel gegangen, indem ich einen Anfall erleiden mußte von dem ich nun drey Jahre befreyt geblieben, und der mir um somehr Apprehension giebt, als es doch immer unwahrscheinlich bleibt, daß ich nach Carlsbad gelangen kann. Für den Augenblick tröstet mich am meisten die Nähe des geheimen Hofraths Stark, der mich täglich besucht, und mich vor einem Rückfall sicher zu stellen und der überbleibenden Schwäche nachzuhelfen. Daß unter solchen Aspecten nicht viel geleistet wird, können Sie wohl denken. Ich habe schon einigemal mein Gebet an die heilige Ottilie gewendet; allein ich habe noch keine Gegenwirkung empfunden. Es [329] jammert mich nur, daß die schöne Zeit so ganz ungenützt vorbeystreichen soll. Vielleicht, wenn ich noch eine Zeitlang hier bleibe, genieße ich besserer Einflüsse. Lassen Sie mich manchmal vernehmen, daß Sie Dienstags und Mittwochs meiner gedenken.

Die Lebensbeschreibung Alfieris liegt hier bey; sie ist höchst interessant. Empfehlen Sie mich Durchlaucht der Herzoginn bey dieser Gelegenheit zum angelegentlichsten.

Knebel besucht mich treulich morgens und Abends. Wir gehen zusammen spazieren und schwätzen manches durch.

Das französische Blättchen das ich beylege werden Sie gewiß mit Theilnahme lesen. Ich erbitte mir es zurück. Leben Sie recht wohl und lassen mich bald wieder vernehmen, daß Sie mein gedenken.

Jena den 9. May 1809.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1809. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-96EE-4