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An Sulpiz Boisserée

Vor allen Dingen will ich Ihnen, mein Theuerster, herzlich danken, daß Sie mich aus der Verlegenheit reißen, in welche mich die Ungewißheit über Ihren Zustand versetzte. Ich hörte wiederholt, daß Sie sich nicht wohl befänden und daß Sie zugleich mit neuen Geschäften belästigt seyen, welches mir um so unangenehmer war, als ich hoffen durfte, daß die Beendigung der großen, Ihre künftige Lebensweise bestimmenden Angelegenheit, zugleich Ihre frische Ansiedlung Sie sollten beruhigt und beglückt haben. Möge zu Ihren Gunsten und zu Ihrer Zufriedenheit sich alles einleiten! Lassen Sie mich künftig darüber nicht im Dunkeln.

Die ausführliche Schilderung der Münchner vielfachen Thätigkeit trifft überein mit allem was man hört und lies't; einige geistreiche Züge jedoch vergegenwärtigen mir dieses sonderbare Leben und Treiben viel deutlicher und kräftiger.

Nun aber mag ich es überdenken wie ich will, so find ich keine Form, wie in Kunst und Alterthum hierüber etwas zu äußern wäre. Alles was man sagen darf ist schon gedruckt, und das Schornische Kunstblatt ist im Falle, diese Gegenstände vollkommen zu erschöpfen. Anderes, was bedenklich und zweifelhaft ist, wird man freylich nicht aussprechen.

[2] Indessen steht das Gedicht an den König im neusten Stücke voran; einige Noten zu nothwendigster Aufklärung desselben werden gegen das Ende eingeschaltet, da es denn wohl Gelegenheit gibt, etwas Bescheiden-Sinniges über das einzige Ereigniß auszusprechen.

Übrigens werden Sie mir zutrauen, daß ich im tiefsten ernstesten Sinne dasjenige in seinem ganzen Umfang empfinde, was ich Ihro Majestät dem Könige schuldig bin, und daß es mein angelegenster Wunsch ist, es auf eine würdige Weise öffentlich darthun zu können. Der Gedanke hat schon geblüht und Frucht angesetzt, die nächste Zeit, hoff ich, soll ihn zur Reise bringen.

Mein nächster Brief wird eine unerfreuliche und eine erfreuliche Seite haben: die erste gibt Nachricht von einem höchst unschicklichen Betragen, die zweyte eröffnet eine Aussicht auf einen Abschluß des fraglichen Geschäftes; sodann wird Ihre Vermittlung abermals angerufen, und man wird sich, wie auch gegenwärtig, Ihrer fortgesetzten, treu-ernsten Theilnahme andringlichst empfehlen.

unwandelbar

Weimar den 2. März 1828.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1828. An Sulpiz Boisserée. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9706-4