21/5965.

An die Hoftheater-Commission

Auf beyliegendes Schreiben möchte gern Herrn Lorzing eine freundliche Antwort ertheilen; jedoch wünsche vorher von meinen hochgeehrtesten Herren das nähere Verhältniß und Ihre Meynung zu vernehmen.

Wir statuiren, und zwar mit Recht, bey dem Weimarischen Theater keine Fächer, d.h. Niemand kann auf diese oder jene Rolle entschiedene Anspruch machen. Allein wir wissen auch recht gut, was wir zu des Schauspielers und zu unserm eigenen Vortheil einem Jeden lassen müssen.

Die Rollenart von welcher hier die Rede ist, würde ich nicht gern Herrn Lorzing entziehen, theils weil sie ohnehin selten vorkommt, theils weil sich der Schauspieler mit dem Publicum in eine Art von Relation setzen muß, daß man ihn auf diese Weise plaisant findet; wozu denn Gelegenheit, Übung, daraus entspringende Leichtigkeit und guter Humor erforderlich ist.

Ich habe nie gedacht, daß Herr Frey an solche Rollen Anspruch machen würde, sonst hätte ich mich früher erklärt. Soviel ich mich erinnere, war die Rede von humoristischen gutmüthigen Alten in der Art wie solche Malcolmi spielt, und wie selbst der Wasserträger ist, mit dem Herr Frey auftrat. Will [251] er sich darin zeigen und qualificiren, so wird es sein Vortheil und der unsrige seyn; da wir hingegen nichts gewinnen, wenn wir Lorzing bezahlen, ohne ihn spielen zu lassen und ihn überdieß noch verdrießlich machen.

Da ich aber Herrn Frey's Persönlichkeit nicht kenne und sein Talent nicht zu beurtheilen weiß, auch einen braven, bey uns neueingetretenen Mann, der wenigstens nicht mißfällt, keineswegs disjustiren mag, von der andern Seite aber Herrn Lorzing, weder die genannten beyden Rollen, noch irgend eine andere dieser Art aus oben angeführten Ursachen entziehen möchte; so wünschte ich hierüber das Nähere zu vernehmen, um mich vollkommen unterrichtet bestimmen zu können.

Zugleich ersuche auf das dringendste, alles was das Theater betrifft, in der nächsten Woche an mich hieher gelangen zu lassen; ja es würde mir sehr angenehm seyn, wenn mich Herr Genast besuchen wollte. Die wenigen Augenblicke, welche ich vielleicht noch in Weimar zubringe, muß ich jede Art von Geschäft verbitten, und mich sogar von jeder Unterschrift entschuldigen.

Jena den 27. April 1810.

G. [252]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An die Hoftheater-Commission. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-971C-3