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An Carl Friedrich Zelter

Jena den 21. May 1816.

Deine lieben Briefe erhalte ich hier, die Noten, wofür der schönste Danck, erwarten mich in Weimar. Und jetzt nur einige Worte. Daß Wolfs durchgedrungen sind freut mich sehr, ihr Beyspiel wird Nutzen stiften, es wäre schön wenn du mit ihnen und den Besseren etwas für Rezitation und Declamation thätest. Wer könnte das besser als du, gerüstet mit musicalischen Kräften und Künsten. Unser Theaterwesen laß ich nicht ganz fallen, es ist aber aus zu vielerley widerstreitenden Elementen zusammengesetzt als daß Glauben Liebe und Hoffnung dabey statt fänden.

Meine Zustände, nach denen du dich freundlich erkundigst, sind auf gutem Fuße. Die Oberaufsicht [15] über alle unmittelbaren Anstalten für Wissenschaft und Kunst, ist mir mit allem anderen, dem Theater pp. geblieben. In utili et honorifico bin ich auch vorgeschritten. Mein Sohn desgleichen, den ich auf einer sehr guten Bahn, ruhig und stät vorschreiten sehe. Du siehst daß ich alle Ursache habe zufrieden zu seyn.

Ein gut Exemplar meiner Wercke hebe ich dir auf und sende es wenn es beysammen ist, sonst verzettelt sichs.

Daß du dem Epilog zu Effex deinen Beyfall gönnst freut mich sehr. Die Wolf bat mich um einen Schluß, ich wollte das nicht mit Phrasen abthun studierte die Geschichte und den Roman woraus das Stück gebildet ist. Nun hätte ich freylich eben so gut eine neue Tragödie schreiben können als den Epilog, der denn wohl gehaltreich werden mußte. Denke dir nun daß er während der drey Tage der Leipziger Schlacht geschrieben ist; so wird dir manche ahndungsvolle Zeile noch bedeutender erscheinen.

Herrn Staatsrath Schulz sage daß sein Aufsatz soeben hier in Schweiggers Journal, welches Döbereiner, in des bisherigen Redackteurs Reise-Abwesenheit, herausgiebt, abgedruckt werde. Es giebt circa 3 Bogen. Exemplare folgen bald möglichst.

Übrigens blickt man in ein wunderliches Gewirre, wenn man in die Verflechtung der politischen, moralischen, Kunst- Handwercks- und Wissenschafts-Welt[16] hineinsieht. Alle Vortheile und Nachtheile zu Einer Zeit in allen Fächern. Alles was Ausdehnung und Vermehrung erleidet vortrefflich! Was Innigung und Einigung bedürfte, nahe dem Untergang.

Von Beethoven's Schlacht hörte ich dich sehr gerne erzählen. Das sind Vortheile der großen Stadt, die wir entbehren.

StaatsR. v. Hufland hat mich sehr freundlich nach Berlin eingeladen, auf künftigen Winter, im Nahmen des Fürsten Radzivils. Dergleichen Expeditionen werden mir immer unmöglicher. Ich würde nur mir selbst und andern zur Last fallen. Mein Befinden verlangt die größte Gleichheit im Leben und Genießen.

Nun lebe wohl. Die Feder hat mich weiter geführt als ich wollte. Spare nicht Papier und Dinte gegen mich.

In meinen zwey ersten Theilen findest du manches Neue, wenn auch nicht alles singbar. Späterhin erscheinen noch allerley Späße.

NB. Die Rübchen sind glücklich verzehrt, die ComödienZettel gebunden.

G.

Geh. R. Wolf die besten Grüße.
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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9723-2